Man kann gar nicht anders als an ihn denken, wenn man an den Wahlkampf der SPÖ denkt und an den Fluch, der über ihm liegt, nicht erst seit gestern: Captain Murphy. Der Ingenieur hat aus seinen technischen Experimenten eine dunkle Gesetzmäßigkeit abgeleitet, nach der alles misslingt, was misslingen kann.

Die Deutung des Ungemachs als Verkettung von Widrigkeiten ist naheliegend, wenngleich eine sehr schmeichelhafte Interpretation dessen, was in der Affäre rund um den Ex-Berater Tal Silberstein ruchbar wurde. Hier hat nicht die Macht des Schicksals Regie geführt. Das Debakel ist selbst verschuldet.

Silberstein war zwar nach Korruptionsvorwürfen von der Parteispitze gefeuert worden, die fingierten Facebook-Seiten, als deren Urheber er jetzt enttarnt wurde, wurden aber von Mitarbeitern Silbersteins weiter bespielt. Sie hatten das Ziel, den Mitbewerber Sebastian Kurz, unter anderem über ein ideologisch verhaltensauffälliges Fan-Portal, subtil in Misskredit zu bringen und Anhänger zu verschrecken. Es war eine ausgekoppelte Parallel-Aktion, an der zumindest ein Mitarbeiter aus dem SP-Team mitwirkte.

Zwei Fragen bleiben auch nach dem Rücktritt des überforderten Wahlkampfleiters Georg Niedermühlbichler ungeklärt: Wer hat die Installierung der Facebook-Seiten beauftragt, und: Wer hat sie bezahlt?

Entlastend ist keine der denkbaren Erklärungen. Entweder die Wahlkampfleitung wusste von den Machenschaften und ließ still gewähren, dann hat sie die volle Verantwortung mit allen Konsequenzen zu tragen. Oder aber die Verstrickung über Einzelpersonen geschah außerhalb des Wahrnehmungskegels, dann bleibt immer noch der Eindruck einer Führung, die ihren Laden nicht unter Kontrolle hat. Mit Pechsträhne und Murphy hat keine der beiden Varianten zu tun. Der Rücktritt des Partei-Geschäftsführers war daher zwingend und zwingend geboten.

Retten wird er Christian Kern, den Spitzenkandidaten, freilich nicht mehr. Der Beklagenswerte hat sich damit wohl endgültig aus dem Rennen um die Kanzlerschaft hinauskatapultiert. Während der Wahlkampf seines Gegenspielers Kurz störungsfrei wie ein selbstfahrendes Auto auf das Ziel zusteuert, verdichtet sich jener von Kern zu einem einzigen Fiasko. Der Bedrängte muss eine digitale Schmutzkübel-Kampagne verantworten, auch wenn er persönlich damit nichts zu tun haben mag.

Aber auch hier gilt die culpa in eligendo: Kern ist kanzlertauglich, das Wahlkampf-Team ist es nicht. Doch es ist seines: eine zerstrittene Chaos-Truppe. Das muss eine bittere Erfahrung sein für jemanden, der als Konzern-Manager im Ruf stand, mit fester Hand straff zu führen.

Zugleich offenbart die Affäre, wie verführerisch und diabolisch die Möglichkeiten der sogenannten sozialen Netzwerke sind, der neuen, großen Bühne moderner Wahlkämpfe. Wie leicht man zum Verleger des Verleumderischen wird. Und wie leicht und schnell einem dabei die Zügel entgleiten.