Barack Obama geht. Donald Trump kommt. Die USA stehen vor einer Zeitenwende. Wenn heute der New Yorker Geschäftsmann den Amtseid ablegt und zum 45. Präsidenten der USA wird, dann stellt sich mit Recht die Frage, was dieser Mann mit seinem Land und der Welt konkret anstellen will. Die Antwort kann vorerst nur lauten: Nichts Genaues weiß man nicht. Denn noch nie in der US-Geschichte hat es einen so unberechenbaren Präsidenten gegeben. Er lässt selbst jene im Ungewissen, die für ihn gestimmt haben.

Ziemlich sicher ist jedoch, dass sich das gesellschaftliche Klima im Land eintrüben wird. Der Graben zwischen den einzelnen Bevölkerungsgruppen wird sich vertiefen. Dass ihm das offenbar egal ist, hat Trump an jedem einzelnen Tag seit seiner Wahl am 8. November bewiesen. Ohne Not hat er nach dem Wahlsieg seine Provokationen aus dem Wahlkampf fortgesetzt, hat weiter Wahrheit und Wunschvorstellung miteinander verwoben, Andersdenkende behandelt wie Aussätzige. Er hat afroamerikanische Bürgerrechtler vor den Kopf gestoßen. Er hat wie ein kleines Kind mit Wutausbrüchen auf Kritik reagiert.

Seine Aussage aus der Wahlnacht, die Amerikaner müssten nach dem schmutzigsten Wahlkampf aller Zeiten wieder zueinanderfinden, klingt heute noch wie Hohn. Trump selbst hat dazu nichts beigetragen, obwohl es gewissermaßen zu den Pflichten eines designierten Präsidenten gehört, versöhnend zu wirken. Doch Trump kann offenbar nicht aus seiner Haut. Er ist unbeherrscht und schnell beleidigt. Ein Vorbild dagegen ist er nicht.

Der Populist führt eine Massenbewegung an, die sich anschicken wird, Andersdenkenden die Luft zum Atmen zu nehmen. Mehr Gleichberechtigung für Frauen, mehr Schutz für Minderheiten, Homo-Ehe in allen 50 Bundesstaaten, mehr Rechte für Transgender, Krankenversicherung – die liberalen Errungenschaften aus acht Obama-Jahren sind in Gefahr. Das muss den Rest der Welt nicht weiter bekümmern. Für jene, die Trump nicht gewählt haben, ist das aber ein Problem.

Und es soll nicht unerwähnt bleiben: Das ist die Mehrheit. Hillary Clinton hat Trump unterschätzt wie fast alle. Aber Clinton hat drei Millionen Stimmen mehr erhalten als Trump, der im Grunde wegen eines aus der Zeit gefallenen Wahlsystems Präsident wird. In den USA wird künftig ein neuer Wind wehen – es wird kein frischer sein, der neue Ideen heranbläst. Es wird ein Wind sein, der aus der Vergangenheit kommt.
Trump hat es nun in der Hand. Er ist der mächtigste Mann im Staat. Es liegt an ihm, Präsident aller Amerikaner zu werden oder sich mit der Rolle des Präsidenten der Wutbürger zu bescheiden. Sein Gebaren gibt allerdings wenig Anlass zur Hoffnung, dass er die erste Option wählen wird. So ist es tatsächlich eine Zeitenwende, die sich in den USA vollzieht. Ein alter Präsident geht in Würde. Ein neuer Präsident kommt. Doch was dann geschehen wird, kann niemand sagen.