Stellen Sie sich vor, im Zuge des Volksbegehrens gegen die umstrittenen Freihandelsabkommen Ceta und Co. hätten technische Probleme über Tage die Abgabe von Unterstützungsstimmen verhindert oder verzögert. Wie hätte der damalige Generalsekretär Herbert Kickl, dessen freiheitliche Partei dem Volksbegehren äußerst wohlwollend gegenüberstand, auf diese Pannen im Datensystem des Innenministeriums wohl reagiert? Das Ministerium führte in dieser Zeit Wolfgang Sobotka von der ÖVP, dessen Partei diese internationalen Freihandelsabkommen grundsätzlich befürwortete. Wie die Regierung überhaupt.

Womit wir zielgenau zum Wesen von Volksbegehren vorstoßen. Diese nämlich sind in der Regel gegen Projekte der Regierenden oder für etwas, das von den Machthabern nicht gewollt wird. Denn andernfalls könnten sie es ja auch umsetzen, ohne Begehren von Bürgerinnen und Bürgern.

Legendär das erste Volksbegehren, das 1964 darauf abzielte, den Rundfunk aus den Klauen der Regierungsparteien ÖVP und SPÖ zu befreien. Gegen das Konferenzzentrum von Kanzler Bruno Kreisky unterschrieben gut 1,3 Millionen, es gab Volksbegehren gegen die Fristenlösung, 2006 forderte ein Volksbegehren „Österreich bleib frei“. Als dessen Bevollmächtigter wies sich der Wiener Landtagsabgeordnete Heinz-Christian Strache aus. In der Bundesregierung war zu dieser Zeit das BZÖ als Partner der ÖVP.

Weil eben Volksbegehren zumeist die Regierenden herausfordern, erklärt sich daraus, dass dieses Instrument in manchen Fällen von der Opposition gerne genützt wird. Natürlich setzte 1982 die ÖVP das Volksbegehren kontra Konferenzzentrum gegen Kreisky ein, natürlich promotete die SPÖ das Pensionsbegehren 2004 gegen die schwarz-blaue Koalition.

Volksbegehren aber als bloß eingefärbtes oppositionelles Element abzutun, ist ein Herabwürdigen Tausender Bürgerinnen und Bürger, denen es um die Sache geht und die aus dieser Überzeugung heraus dann unterschreiben. Außerdem geht es nicht darum, wer etwas initiiert, sondern ob das Thema den Menschen im Land wichtig ist. Ein Blick in die sozialen Medien zeigt sonstige Befürworter der türkis-blauen Koalition, die jetzt nüchtern für das Nichtraucher-Volksbegehren eintreten.

Wir stehen den direktdemokratischen Instrumenten immer positiv gegenüber“, erläuterte Herbert Kickl im Jänner 2017. Entweder waren damit nur eigene Volksbegehren gemeint oder die Linie hat sich geändert. Denn jetzt schasselt die blaue Gesundheitssprecherin Dagmar Belakowitsch das von Ärzten auf die Wege gebrachte Nichtraucher-Volksbegehren als „parteipolitisch motiviert“ ab. Das wäre genauso seriös, als würde man hinter den technischen Pannen im blau geführten Innenministerium mehr vermuten. „Es kann mich doch niemand daran hindern, jeden Tag klüger zu werden“, sagte einst der deutsche Bundeskanzler Konrad Adenauer. Der FPÖ bleiben noch einige Tage.