Die Begriffe sind alt wie die Menschheit. Hass und Lüge hat es immer gegeben, sie sind Teil unseres Gefühlshaushalts, die Schattenseiten unserer Natur. Neu sind nur die Transportmittel. Sie stehen jedem offen, kosten wenig oder nichts und erreichen zumindest theoretisch jeden anderen Nutzer auf der Welt. In das Geschrei mischen sich künstliche Stimmen von Computern, die auf Verunglimpfung und Irreführung programmiert sind – sogenannte Bots. All das hat es noch nie gegeben, darauf sind wir weder menschlich noch legistisch vorbereitet.

Deshalb hat die Kleine Zeitung gemeinsam mit den anderen Bundesländerzeitungen und der „Presse“ beschlossen, Hass im Netz und bewusste Desinformation – englisch Fake News genannt – eine Woche lang in den Mittelpunkt einer Serie zu stellen. Sie will das Thema ausleuchten und auch Wege suchen, wie nicht nur Staaten, sondern wir alle mit dem Phänomen umgehen können.

Schon der erste Teil zeigt, dass die Dinge in Bewegung geraten sind. Facebook wurde gezwungen, seine Haltung als Unschuld vom Lande aufzugeben. Die Plattform, auf der nach Herzenslust geschmäht, verleumdet und gehasst werden durfte, ohne dass das Einkommen der Eigentümer dadurch geschmälert wurde, muss Verantwortung übernehmen, muss säubern, was an Übergriffen bekannt gemacht wird. Zu groß ist der Druck der Europäischen Union und einzelner Kläger geworden, zu groß die Gefahr, die Sache könnte letzten Endes ins Geld gehen.

In unserer heutigen Ausgabe findet sich ein Wort, das im Umgang mit Medien im Allgemeinen, mit dem Netz im Besonderen sehr nützlich sein kann: der Verweis auf den gesunden Menschenverstand. Der lässt uns auch im analogen Leben fragen, wer denn da etwas sagt, warum er es tut und welche Motive er vielleicht damit verbindet. Der gesunde Menschenverstand sorgt auch dafür, dass wir uns gegen Verleumdung wehren, dass wir Schmähungen nicht auf uns sitzen lassen, dass wir offene Lüge als solche bezeichnen. „Quellenprüfen muss eine Grundkompetenz aller werden“ sagt der Kommunikationswissenschaftler Martin Emmer in unserer Sonntagsausgabe. Quellen zu prüfen, ehe man sie nützt, ist die Arbeit von Journalisten. Emmer sagt, im Netz müssen wir uns in dieser Hinsicht alle wie Journalisten bewegen – ein steiles Lernprogramm.

Nichts liegt uns ferner, als das großartige weltweite Kommunikationsmittel zu verteufeln. Gerade weil es so wichtig ist, darf es nicht verkommen. Es geht um Regeln, um so altmodische Begriffe wie Etikette, um – eben – Respekt voreinander. Wie im analogen Leben auch muss klar sein, dass nicht alles geht, was doch möglich zu sein scheint unter den derzeitigen Nutzungsbedingungen. Wir müssen die Regeln ändern, besser gesagt überhaupt erst definieren, sonst zerstören wir nicht nur das Netzwerk, sondern unsere Demokratien gleich mit.