Es ist mir eh bewusst, ich hätte am vergangenen Donnerstagabend „kritisch“ sein müssen; demgemäß hätte ich den Opernball und dessen Flitter und Pomp kritisch „hinterfragen“ sollen. Und dann habe ich, Pardon, den Fernsehapparat doch nicht ausgeschaltet und mich verführen lassen: Und bald habe ich sie genossen, die kitschige Opulenz der Bilder, den von der Riviera eingeflogene Blumenflor, die abenteuerlichen Roben, die verwegenen Dekolletés der Damen (die maskulinen Pinguine in ihren Fräcken zählen nur am Rande); bis nach Mitternacht habe ich sie genossen, die Übertragung des Opernballes, reuelos, ohne „Hinterfragung“, ohne intellektuelle Bedenken. Warum? Weil dieses staatsoffizielle Delirium so schön war, so kitschig, und eben daher so menschlich.