Österreich könnte zum internationalen Schandfleck im Kampf gegen den Tabakkonsum werden, schrieben führende Fachleute in einem offenen Brief an Sebastian Kurz. Passiert: am vergangenen Wochenende. Heute ist die Möglichkeitsform nicht mehr zulässig, denn jetzt sieht es so aus: Österreich bleibt der Schandfleck, wenn es um den Kampf gegen die Sucht nach dem tödlichen Qualm geht. Mit dieser Entscheidung hat die zukünftige Regierung nicht nur das Land ins Abseits geschossen, sondern setzt ganz bewusst die Gesundheit jener Menschen aufs Spiel, deren Interessen sie vertreten sollte.

Der Mai 2018 war der Lichtblick: Österreich, das den Beinamen Aschenbecher Europas mehr als verdient hat, hätte einen zeitgemäßen Nichtraucherschutz bekommen. Das Rauchen in Lokalen wäre verboten worden, Personal und Gäste wären vor dem tödlichen Rauch der anderen geschützt worden. Dieser Hoffnungsschimmer ist nun in einer Rauchwolke verpufft. Und wofür? Ein Vertreter jener Wirte, die sich keineswegs über das gekippte Rauchverbot freuen, sondern vielmehr eine kompliziertere und nicht exekutierbare Regelung fürchten, formuliert es so: „Die Nikotinsucht eines künftigen Regierungsmitglieds führt zum fürchterlichen Pallawatsch bei der Raucherregelung.“

Ein Gewinner, viele Verlierer

Bei dieser Entscheidung gibt es nur einen Gewinner: die Tabakindustrie. Und eine lange Liste von Verlierern. Die unmittelbarsten sind die Kellner. Sie wären die Ersten gewesen, die vom Rauchverbot profitiert hätten: durch eine bessere Lungenfunktion und weniger Bronchitis. Hier ist die Möglichkeitsform wieder zulässig.

Das Rauchverbot hätte aber auch weit über die Türen der Lokale hinaus gewirkt. Ein Verbot kann ein Umdenken in Gang setzen, das alle Gesellschaftsschichten durchwirkt und erwiesenermaßen dazu führt, dass auch in den eigenen vier Wänden weniger geraucht wird. Ein Land wie Österreich, das die höchsten Raucherraten bei den 15-Jährigen aufweist, hätte ein solches Umdenken bitter nötig. In den Ländern, die ein umfassendes Rauchverbot umgesetzt haben, gingen Herzinfarkte zurück, die Zahl der Frühgeburten sank, weniger Kinder mussten wegen Asthma ins Krankenhaus. All das hätte auch in Österreich passieren können. Hätte.

Alles bleibt schlecht

Gleichzeitig blieb in den Ländern, die den Schritt gemacht haben, das heraufbeschworene Wirtesterben aus, die Zustimmung zum Rauchverbot stieg – sogar unter Rauchern, die es ebenfalls genossen, sich den Geschmack nicht vernebeln zu lassen. Das alles belegen Studien. Diese zeigen auch: Zwei Drittel der Österreicher wollen das Rauchverbot. Die Entscheidung gefährdet damit nicht nur Menschenleben, sondern richtet sich auch gegen den Wunsch der Mehrheit.

"Es ist Zeit" war der Wahlslogan des zukünftigen Kanzlers Sebastian Kurz. Wenn das die Vorboten dieser Zeitenwende sind, kann die Diagnose nur lauten: Alles bleibt schlecht.