Mehr als drei Stunden müssen die Oscar-Zuseher warten. Dann ist endlich der Moment gekommen, auf den alle den ganzen Abend über gewartet haben: Frances McDormand ist gerade als beste Hauptdarstellerin für ihre Rolle in der Tragikomödie "Three Billboards Outside Ebbing, Missouri" ausgezeichnet worden. Als Mildred Hayes, eine traumatisierte und auf Rache sinnende Mutter, die ihre Tochter auf brutale Art verloren hat, blickt Frances McDormand meist stoisch in die Kamera. Als Hauptdarstellerin in der Tragikomödie "Three Billboards Outside Ebbing, Missouri" - unter der Regie des Iren Martin McDonagh - führt die 60-jährige Schauspielerin einen Kampf gegen machohafte Männer und ignorante Polizisten. Sie ist resolut, zerbrechlich, emphatisch und knallhart - eine vielschichtige Darstellung, die McDormand nun ihren zweiten Oscar als beste Hauptdarstellerin einbrachte.

Und es wäre nicht Frances McDormand, wenn sie sich einfach so, ohne weitere Worte, bedanken würde.

Kaum, dass sie den Oscar entgegen genommen hat, stellt sie die Trophäe schon wieder neben sich auf den Boden. "Ich habe einiges zu sagen."

Die Zuschauer im Saal und an den Fernsehbildschirmen halten den Atem an. "An alle weiblichen Nominierten: Steht bitte mit mir auf", fordert die 60-Jährige die Anwesenden auf.

Und als unter euphorischem Jubel die wenigen nominierten Frauen aufstehen, wird mit einem Schlag das Ungleichgewicht dieser Oscar-Show klar: Nachdem Hollywood monatelang von Missbrauchsvorwürfen und Debatten um mehr Gleichberechtigung von Frauen und Minderheiten erschüttert worden war, bleibt bei diesen Oscars doch vieles beim Alten.

"Sprecht mit uns", sagt McDormand, "denn wir haben Geschichten zu erzählen und Projekte zu finanzieren!" Es ist ein Aufruf an Hollywood, Frauen im Filmbusiness besser wahrzunehmen. Derzeit werden nur 11 Prozent der Hollywoodfilme von Frauen gemacht. Mit einer Anspielung hat McDormand Rätsel aufgegeben. Sie habe zwei Worte für das Publikum, sagte sie am Ende ihrer Dankesrede: "inclusion rider". Im Netz machte schnell der Hashtag #inclusionrider die Runde.

Vor Journalisten erklärte McDormand nach ihrem Gewinn, was sie mit diesen Worten meinte. Es gehe um eine Klausel (inclusion rider) in Verträgen, dass man bei der Besetzung von Rollen oder der Anstellung von Mitarbeitern bei Drehs mehr Vielfalt verlangen könne. Sie selbst habe von der Existenz dieser Klausel erst vergangene Woche erfahren, sagte McDormand. Man könnte also darauf pochen, dass bei Filmprojekten mehr Frauen oder Minderheiten beschäftigt werden.

Die US-Professorin Stacy Smith von der University of Southern California, Expertin für Gleichberechtigung in Film und Fernsehen, hat das Prinzip dieser Klausel zuvor erläutert. Laut der "New York Times" vom Montag beruht die Idee darauf, dass die Besetzung des Arbeitsplatzes die Anteile in der Bevölkerung widerspiegeln sollte, also etwa 50 Prozent der Rollen und Crew-Arbeitsplätze mit Frauen zu besetzen seien. Hochkarätige Stars könnten solche Bedingungen aushandeln und damit zu mehr Vielfalt im Filmbereich beitragen, sagte Smith der Zeitung.