Die mutmaßlichen sexuellen Übergriffe des US-Filmproduzenten Harvey Weinstein sind nach Angaben der Staatsanwaltschaft in seinem früheren Unternehmen über Jahre wissentlich hingenommen und in obersten Etagen unterstützt worden. "Die Führung der Weinstein Company war mitschuldig am Verhalten Harvey Weinsteins," sagte der New Yorker Staatsanwalt Eric Schneiderman am Montag.

"Sie wussten, was vor sich geht. Und sie wussten, wie verbreitet es war. Trotzdem taten sie nichts", so Schneiderman. Geschäftsführung und Vorstand seien nach Dutzenden Vorwürfen rechtlich dazu verpflichtet gewesen, das Verhalten zu stoppen. Untersucht wurden diese Vorwürfe dem Staatsanwalt zufolge jedoch nie.

Schneiderman hatte am Sonntag nach vier Monate langen Ermittlungen Zivilklage gegen die Weinstein Company eingereicht und einen bevorstehenden Verkauf der Firma an eine Investorengruppe in letzter Minute verhindert. Nach Informationen des "Wall Street Journal" wollte die Gruppe hinter Unternehmerin Maria Contreras-Sweet 500 Millionen US-Dollar für das wankende Unternehmen zahlen.

Angemessene Entschädigung

Es habe bisher keinen Deal gegeben, der den rechtlichen Anforderungen genügt hätte, sagte Schneiderman. "Jeder Kauf von Unternehmensanteilen muss erst sicherstellen, dass Opfer angemessen entschädigt werden." Zudem müssten Mitarbeiter künftig vor vergleichbarem Verhalten geschützt werden. Das sei beim vorliegenden Angebot nicht der Fall gewesen. Die Investoren hätten lediglich Versicherungspolicen und einen Kredit von zehn Millionen Dollar angeboten, mit denen aber auch Anwalts- und andere Kosten hätten gedeckt werden sollen. "Wir hätten gern einen Fonds, der allein auf die Entschädigung der Opfer zielt", sagte Schneiderman.

Im Zuge der monatelangen Ermittlungen hatte die Staatsanwaltschaft auch eine offenbar digitale Kopie von Weinsteins Personalakte erhalten. "Uns wurde gesagt, die physische Personalakte sei abhandengekommen." Es habe Dutzende offizielle Beschwerden und viele weitere inoffizielle Beschwerden wegen sexueller Übergriffe gegeben. Weinsteins Anwalt Ben Brafman teilte der Deutschen Presse-Agentur mit, Weinsteins Verhalten sei "nicht fehlerfrei, aber mit Sicherheit nicht kriminell" gewesen.

Kleiderstücke zurückgegeben

Der Klageschrift zufolge ging die Mitwisserschaft bei der Weinstein Company so weit, dass Frauen nach besagten Vorfällen gelegentlich Kleidungsstücke hinterließen. Mitarbeiter des Filmmoguls seien dann beauftragt worden, diese den Frauen zukommen zu lassen.

Weinstein war im Oktober von seiner Firma entlassen worden. Zahlreiche Frauen haben ihm sexuelle Übergriffe und Einschüchterungen vorgeworfen, darunter Schauspielerinnen wie Salma Hayek, Ashley Judd, Gwyneth Paltrow, Angelina Jolie und Rose McGowan.