Als sie um die Ecke bogen, lag der Nu-Metal-Hype eigentlich bereits in den letzten Zügen. Doch die US-amerikanische Band Linkin Park verstand es um die Jahrtausendwende, mit einer oberflächlich aggressiven Attitüde, dabei höchst eingängigen Melodien die Massen für harte Sounds zu begeistern. Wesentlichen Anteil daran hatte Sänger Chester Bennington, der nun überraschend verstorben ist.

Geboren wurde Bennington am 20. März 1976 in Phoenix im US-Bundesstaat Arizona. Sein Interesse für Musik entwickelte sich bereits in jungen Jahren, wobei zu den favorisierten Bands des Jugendlichen auch Acts wie Depeche Mode oder Stone Temple Pilots gehörten - mit letzteren stand er in den vergangenen Jahren mehrfach auf der Bühne und fungierte als deren Sänger. Seine Jugend war aber auch von Drogenproblemen geprägt, wie Bennington später in Interviews zugab. Außerdem sei er von einem älteren Bekannten sexuell missbraucht worden.

Der Erfolg als Musiker stellte sich um 2000 ein: Über einen Manager wurde der Kontakt zu einigen Kollegen hergestellt, die Gruppe hörte danach zunächst auf den Namen Hybrid Theory. Man hinterließ erste Spuren in der aufkeimenden Netz-Community, veröffentlichte eine EP und entschied sich danach, als Linkin Park weiter an der eigenen Karriere zu basteln. Diese ging dann bereits mit dem ersten Album, naheliegend auf "Hybrid Theory" hörend, durch die Decke.

Während die Instrumentalisten für knackige, selten die Drei-Minuten-Marke überspringende Stücke im Nu-Metal-Stil jener Zeit sorgten, gab Bennington gemeinsam mit Kollegen und Rapper Mike Shinoda ein eigenwilliges Duo.

Er war zuständig für melancholische Töne wie kreischendes Geschrei, während Shinoda den eifrigen Wortakrobaten gab. Damit traf man schlicht den Nerv der Zeit. Härtere Brocken wie "Papercut" stellten die Metalfraktion zufrieden, eingängige Singles wie "In The End" sorgten für ausreichend Radio-Airplay auf der ganzen Welt. Die Verkäufe werden bis heute mit weit über 15 Mio. Stück angegeben - neue Superstars waren geboren.

Für die sechsköpfige Gruppe, deren Aushängeschild Bennington schnell wurde, waren die folgenden Jahren aber nicht immer einfach. Drei Jahre dauerte es bis zum Nachfolger "Meteora", der noch in eine ähnliche Kerbe schlug. Danach war der Druck seitens Plattenlabel wie Fans aber kaum zu leugnen, gingen Linkin Park doch höchst unterschiedliche Wege, um ihrer Kreativität Ausdruck zu verleihen.

Remix-Alben mit befreundeten Electronic- und Rap-Künstlern, Studioexperimente, bekannte Namen wie Rick Rubin an den Reglern und zuletzt mit "One More Light" ein lupenreines Popalbum - vieles wurde ausprobiert, brachte hohe Chartpositionen, aber auch immer lauter werdende Kritik aus der Branche wie von vergraulten Anhängern.

Gerade die Stimmen zum Mainstreampop der aktuellen Platte stießen Bennington sauer auf. Gegenüber "Music Week" hatte der Sänger dafür ziemlich harsche Worte parat, die er aber später wieder relativieren sollte. Grundsätzlich zeigte sich die Band aber überzeugt von ihrem Weg, wie auch Benningtons Kollege Brad Delson beim diesjährigen Auftritt der Gruppe am Nova Rock gegenüber der APA festhielt. So sei es zwar immer schwierig, Risiken einzugehen. Aber: "Wenn du dich als Künstler nicht herausforderst, was machst du dann?" Am Zuspruch der Masse schien die Neuausrichtung ohnedies wenig zu ändern, landete man doch erneut ganz oben in den Verkaufscharts.

Vielseitig engagiert

Neben Linkin Park und den insgesamt sieben Studioalben sowie unzähligen weiteren Veröffentlichungen der Gruppe war Bennington aber auch in anderen Projekten aktiv. Beispielsweise bei Dead by Sunrise, 2005 von ihm gegründet, oder das bereits erwähnte Engagement bei Stone Temple Pilots. Der sechsfache Vater, der in zweiter Ehe verheiratet war, wurde nun am gestrigen Donnerstag in seinem Haus nahe Los Angeles tot aufgefunden. Kollegen und Weggefährten zeigten sich darüber sprachlos. "Schockiert und untröstlich", twitterte etwa Shinoda. Bennington wurde 41 Jahre alt.