18. Jahrhundert

Zu dieser Zeit waren Liebesbriefe, vor allem aus intellektuellen Schichten, durchaus von sogenannter Anleitungsliteratur geprägt. „Diese hat bis weit ins 20. Jahrhundert eine Rolle gespielt. Und noch heute finden sich im Internet jede Menge Anregungen und Tipps, wie ein romantischer Liebesbrief geschrieben werden sollte", erzählt Ingrid Bauer, eine der beiden ­Forscherinnen hinter „Liebe schreiben".

Mitte 19. Jahrhundert

„Hätten Sie hineinzublicken vermocht in meine Brust, wie es da drinnen bebte und zitterte; hätten Sie dieß Herzens geheimste Tiefe erschaut, die unnennbare Seligkeit gefühlt, die da auf- und niederwogte – unbegränzt, Alles überfluthend, allen Schmerz, das kleinste Weh verdrängend, […] Maria-Engel! Glauben Sie mir, es sind keine erheuchelten – es sind meine wahren Gefühle, denen ich Ausdruck gab – so tief-schmerzlich und so hoch-freudig zugleich."

Diese Worte stammen aus der Feder eines Konstruktionszeichners an seine spätere Ehefrau. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde Männern im Rahmen der bürgerlichen Eheanbahnung empfohlen, ihre Gefühle für ihre zukünftige Ehefrau sehr schwärmerisch zum Ausdruck zu bringen.

Erster Weltkrieg

„Ich begleite Dich durch Schutt und Trümmer, mitten in die Überreste blühenden Lebens, ich sehe Dich mühsam Quartier suchen und lese in Deinen lieben Augen den Ausdruck des Schreckens und der Trauer. Dann möchte ich Dir sanft und lind über Deine Stirne streichen und Dich das Geschaute für Augenblicke vergessen machen."

Diese Zeilen schrieb Anna Ertl 1918 an ihren Ehemann, der bei einem Militärgericht an der Front im Einsatz war. Die Briefe in dieser Zeit unterlagen oft der Zensur und erreichten nicht immer ihr Ziel. Wegen der Trennung durch den Krieg spielt auch das Thema Eifersucht eine große Rolle. „Mein geliebter Mann, mein Einziger!", lauten so etwa die ersten Zeilen eines Liebesbriefes.

Zweiter Weltkrieg

„Heute ist ein schicksalsschwerer Tag, was mag mit uns werden! Wir müssen hoffen. Hoffentlich passiert Dir nichts, vom Schnaps habe ich leider schon ein Viertel intus, Du wirst es bald merken."

So schrieb 1944 eine Frau an ihren Mann, der ihr zuvor ein Paket voll Kriegsbeute aus dem besetzten Budapest geschickt hatte. Die Feldpost spielte eine wichtige Rolle für die durch den Krieg getrennten Paare und hatte damit auch eine kriegsunterstützende Funktion.

1960–1980

So ähnliche Manschettenknöpfe schenkte Folk-Sängerin Joan Baez ihrem langjährigen Weggefährten Bob Dylan
So ähnliche Manschettenknöpfe schenkte Folk-Sängerin Joan Baez ihrem langjährigen Weggefährten Bob Dylan © Ruslan Kudrin

„Schön war’s, als wir beide auf unseren Motorrädern so stark, so unverletzbar, jede Sekunde uns selbst, uns zusammen, uns und die Landschaft, die an uns vorüberbrauste, LEBTEN.

Oder: Schweißtriefend die Pedale tretend riechen wir uns und die Natur und dann […] lieben wir uns im hohen Gras."

Die Briefe aus dieser Zeit ­betonen vielfach eine ­erotisch-sexuelle Liebeskultur, wie auch im obigen Schreiben eines Studenten an seine Freundin. Über Sex wird nun in den Briefen offen gesprochen. Doch auch die Ehe ist nicht mehr das Maß aller Dinge. Vielmehr werden alternative Modelle gesucht.

Heute

Der Verlobungsring von ­Prinzessin Kate wurde nach der Hochzeit zum wahren Hit unter den Verlobungsringen
Der Verlobungsring von ­Prinzessin Kate wurde nach der Hochzeit zum wahren Hit unter den Verlobungsringen © photoworld

Durch elektronische Nachrichtendienste ist die Form der Liebesbotschaften eine knappere und direktere geworden. Ingrid Bauer: „Es gibt aber auch eine durch das Internet ermöglichte Renaissance der alten, ausführlichen Briefform, in Form von E-Mail-Korrespondenzen."