Zu klein. Zu groß. Zu kurz. Zu lang. Zu eng. Zu weit. Zu anstrengend. Besuche in der Umkleidekabine gleichen immer mehr einem modischen Zirkeltraining. Vorsichtshalber wandert das ausgesuchte Stück gleich einmal in drei oder vier verschiedenen Größen mit in die Umkleide. Denn in dem einen Geschäft sitzt die 36 perfekt, im nächsten muss man sich in eine 40 quetschen. Verlässt man sich auf Kleidergrößen, ist man verlassen. So wird jeder Einkauf zum Frustkauf.

Keine festgelegten Größen

Diesen Umstand kritisierten auch deutsche Konsumentenschützer, die für das Magazin „Öko-Test“ 60 Blusen sowie Hemden von 20 Herstellern vermessen haben, um zu testen, ob die Maßangaben einheitlich ausfallen. Kleines Beispiel gefällig? Bei der Taillenweite haben es zwei Damenblusen der Größe 36 unterschiedlicher Hersteller beispielsweise auf 80,4 Zentimeter und 102 Zentimeter gebracht. 21.6 Zentimeter Unterschied. Fazit der Tester: „Grund für dieses Wirrwarr ist, dass es keine festgelegten Größen gibt, an die sich Hersteller gleichermaßen halten.“

Das Problem besteht jedoch darin, dass Konfektionsgrößen noch auf einer Datengrundlage aus den 1960er-Jahren basieren und auch so geschneidert werden, sich der menschliche Körper im Laufe der Jahrzehnte aber verändert hat. Im Jahr 2009 haben die Hohenstein Institute in dem Projekt „Size Germany“ bei 13.000 Deutschen im Alter von sechs bis 87 Jahren mithilfe von 3D-Scans Maß genommen. Im Vergleich mit älteren Daten stand schnell fest, dass wir größer und breiter geworden sind. Die Tabellen aktualisieren und schon ist das Problem gelöst, mag man nun eine einfache Lösung für das Problem parat haben.

Körperstaturen unterscheiden sich

So einfach ist es nun auch wieder nicht, denn Körperstaturen unterscheiden sich je nach Nationalität. Man stelle einen Italiener und Skandinavier nebeneinander. Ob Giovanni und Bjørn eine Hose derselben Größe passt? Dazu kommt, dass sich auch die Kleidungsindustrie ihre Klientel im wahrsten Sinne des Wortes zurechtschneidert, schließlich ist es Teil eines Markenprofils, bestimmte Zielgruppen zu bedienen. So umgarnen immer mehr Firmen ihre Kunden mit sogenannten „Schummelgrößen“. Kurz: Eine 40 wird als schmeichelhafte 38 getarnt. Und so positiv gestimmt, kauft es sich dann gleich noch viel lieber ein.

Doch warum ist die Zahl, die auf dem Etikett steht, überhaupt so wichtig für das Selbstwertgefühl? Stylistin Susan Bähr: „Weil Schlanksein oft mit Jugend und Schönheit gleichgesetzt wird. Es ist aber wichtig, seinen Körper und seine Proportionen zu kennen. Niemand sieht schmäler aus, wenn er sich in etwas zu Kleines zwängt.“