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Die britische Premierministerin hat einen ausgeprägten Modestil. Wie viel ihre Hosen kosten, und welche Schuhe sie trägt, beschäftigt die Briten zuweilen mehr als der geplante Ausstieg aus der EU. Doch manch einer liest aus dem Leopardenfellmuster politische Botschaften.
Mit den gefleckten Leoparden-Pumps fing alles an: In wild gemusterten Schuhen trat Theresa May 2002 vor ihre vorwiegend männlichen Kollegen der britischen Konservativen Partei und las ihnen die Leviten. Die Partei sei veraltet und verkrustet, viele Menschen fänden sie sogar "abscheulich", warf die damalige Generalsekretärin den verdutzten Tories auf ihrer Parteikonferenz vor. Sie plädierte für ein neues, moderneres Image und forderte die Einbeziehung von Frauen und Minderheiten in die Parteipolitik. Danach wurden die Schuhe mit Leopardenfell-Muster zum Symbol für Aufbruch und Neuanfang.

Signalwirkung?

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Bei ihrem ersten Auftritt als britische Premierministerin trug Theresa May (60) im vergangen Juli wieder ein Paar Schuhe im Leoparden-Look. Die britischen Medien zogen sofort Parallelen zu 2002 und sprachen von Signalwirkung. Auch beim ersten Treffen mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel wählte May ein Paar Schuhe mit dem wilden Tiermuster. Dann gab es ein wenig Abwechslung: Lackpumps beim Besuch der schottischen Regierungschefin Nicola Sturgeon, gefolgt von Ballerinaschuhen mit pinkfarbenen Kussmündern beim Presse-Empfang in der Downing Street.Die Schuhwahl der Premierministerin ist unter ständiger Beobachtung der britischen Öffentlichkeit. Die Briten sind längst an Mays schillerndes Schuhwerk gewöhnt, denn die Politikerin war seit 2010 Innenministerin in der Regierung von David Cameron. In schwarzen, oberschenkellangen Lackstiefeln empfing sie 2015 den mexikanischen Präsidenten Enrique Pena Nieto und machte vor der anwesenden Queen einen Hofknicks. "Ihr Stil ist eine Mischung aus strenger Schuldirektorin und Domina", lästerte damals eine britische Boulevardzeitung.

"Großartiger Vorwand, um Schuhe zu kaufen"

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Die Premierministerin reagiert auf die ständige Fragerei nach ihren Schuhen meist gelassen. "Ich denke nicht, dass das Interesse an den Schuhen von Boris Johnson genauso groß ist wie an meinen", sagte sie in der Fernsehsendung "Good Morning Britain" mit Hinweis auf ihren Außenminister, dessen Markenzeichen eine blonde Wuschelfrisur ist. Vielmehr sei dies "ein großartiger Vorwand, um neue Schuhe zu kaufen", scherzte sie. Den Britinnen geht es scheinbar genauso. Die Kaufhauskette Debenhams berichtete bereits 2013, dass der Verkauf von Schuhen im Tierfellmuster im Vergleich zum Vorjahr um 60 Prozent gestiegen sei und sprach vom "Theresa-May-Effekt". Die Rolle des Stilberaters übernimmt Mays Ehemann Philip (59). Er sei beim Shopping ihr Begleiter, sagte die Premierministerin, und er habe ein gutes Auge für Accessoires. Vor allem bei Handtaschen und Schmuck verlasse sie sich auf seinen Geschmack, sagte May vor kurzem in einem Interview der Sonntagszeitung "Sunday Times". Sie habe sich schon immer für Mode interessiert. Gefragt, was sie sich wünschen würde, wenn sie auf einer verlassenen Insel leben müsste, fiel ihr ein lebenslanges Abonnement für die Modezeitschrift "Vogue" ein.

Outfits mit Überraschungsmoment

Der modische Stil der britischen Premierministerin gilt als weniger angepasst als der ihrer einzigen weiblichen Vorgängerin, Margaret Thatcher. "Ihre Outfits haben immer ein Überraschungselement, aber sie geht nie so weit, dass sie konservative Wähler verschrecken könnte", sagt die Modejournalistin Samantha Powers. Die ausgefallenen Schuhe von May seien bereits zu ihrem Markenzeichen geworden, bei Thatcher war es eine geradlinige Handtasche, die sie stets in der Armbeuge trug. Jeder Brite versteht den Begriff "handbagging", die Bezeichnung für den Moment, in dem ein männlicher Politiker von der Eisernen Lady verbal eins übergezogen bekam.

Für ihren eher unkonventionellen Kleidungsstil muss May manchmal aber auch Spott und Kritik einstecken. Außenminister Johnson witzelte beim Weihnachtsempfang im Außenministerium über eine lederne Hose, die May während des Interviewtermins mit der "Sunday Times" getragen hatte. "Unsere wunderbare Premierministerin trägt Lederhosen", lästerte Johnson unter Verweis auf die bayerische Tracht. Doch damit hatte die dunkelbraune lederne Hose von May nichts gemein. Weit geschnitten, modisch voll im Trend und wie Journalisten sogleich herausfanden, umgerechnet mehr als 1.000 Euro teuer, was ihr aus der eigenen Partei Kritik einbrachte.

Wildlederschuhe mit metallener Spitze

Welche Schuhe und welche Kleidung die Premierministerin zu bestimmten Anlässen trägt, wird von den britischen Medien sofort bis ins Detail analysiert. Bei der Parteikonferenz der Konservativen im vergangenen Oktober waren es wieder einmal die Schuhe. Für ihre Brexit-Rede wählte sie schwarze Wildlederschuhe mit einer metallenen Spitze. Für die britische Boulevardpresse war dies eine klare politische Botschaft an die EU-Bürokraten in Brüssel mit Hinblick auf die bevorstehenden Brexit-Verhandlungen: Wir sind knallhart, zäh und lassen uns nicht unterkriegen.