Er ist überall. Auf Schlüsselanhängern, Kugelschreibern, Kaffeebechern, T-Shirts und als Skulptur prägt der Grizzly die nach ihm benannte Stadt Big Bear Lake. Dennoch ist die Wahrscheinlichkeit wohl größer, auf Britney Spears zu treffen, als auf ein lebendes Exemplar des Bären. Der Popstar besitzt ein Feriendomizil im 5000-Seelen-Ort. Grizzlys gibt es hingegen schon lange nicht mehr in der Gegend. Lediglich Schwarzbären werden hin und wieder gesichtet.

Diese Ruhe und Naturverbundenheit ist es, die die Stadt in den Bergen des San Bernadino National Forest im Süden Kaliforniens zu einem beliebten Rückzugsgebiet etlicher Hollywoodstars und zum Geheimtipp unter Urlaubern gemacht hat. Auch dutzende Österreicher zieht es in das Naturparadies; schließlich ist eine der Schwesternstädte Big Bear Lakes das salzburgerische Abtenau. Und sogar Box-Größen wie Mike Tyson, Oscar de la Hoya und Fernando Vargas haben bereits dort trainiert. „Das ganze Jahr über besuchen uns berühmte Musiker, Schauspieler und Sportler“, bestätigt Kim Ferguson, die für das Marketing der Stadt zuständig ist.

Bären sind in der ganzen Stadt verteilt
Bären sind in der ganzen Stadt verteilt © Claudia Felsberger

Metal-Band genießt die Stille

So reiht sich in die Urlaubshütten-Siedlung etwa das Domizil eines Schauspielers, der in der Vampir-Saga „Twilight“ und der Serie „The Vampire Diaries“ zu sehen ist. Und wer würde vermuten, dass einige Meilen weiter in einem zartrosa dreistöckigen Haus im viktorianischen Stil die Mitglieder der Nu-Metal-Band Korn die Stille genießen? Von diesem Ferienhaus aus kann man auf einen blau schimmernden See blicken, der das Herzstück der Stadt bildet. Er ist – wie die zahlreichen Bärenskulpturen, die in der ganzen Stadt verteilt sind – von Menschenhand geschaffen. Doch das tut seiner Schönheit keinen Abbruch.

Im Sommer zieht das Gewässer Angler und Wanderer an. Im Winter erfreuen sich Skifahrer und Snowboarder wiederum an Snow Summit und Bear Mountain, zwei mächtige Berge von deren Gipfel aus man die gesamte Stadt erblickt. „Auch der Herbst wird von Jahr zu Jahr geschäftiger, weil es einer der wenigen Orte im Süden Kaliforniens ist, an dem Besucher eine Herbstlaub-Experience bekommen“, sagt Ferguson.

Und während das schillernde Hollywood als Traumfabrik gilt, so werden im behaglichen Big Bear Lake Erinnerungen geschmiedet. „Das schönste Erlebnis hatte ich definitiv im Jänner des vergangenen Jahres, als es eine Rekordmenge an Schnee gab“, erzählt Connor Holze, der im Norden Hollywoods lebt. Der 25-Jährige hat unzählige Sommer und Winter in Big Bear Lake verbracht. Auch für Urlauberin Kimberly Mandreger ist die Stadt ein „Home away from Home“, also ein Stück Heimat abseits der Heimat. „Ich komme aus Michigan, lebe aber in Los Angeles. Wenn ich mich Winter danach sehne auf mein Snowboard zu steigen, dann fahre ich hier her“, sagt sie, den Blick verträumt auf Snow Summit gerichtet. Nach Kalifornien ist die 23-Jährige gezogen, um ihren Durchbruch als Stand-up-Komikerin zu schaffen.

Es ist die ideale Mischung zwischen Entspannung und Abenteuer, die den Charme der Gegend ausmacht. Denn komplett abgeschnitten vom Filmwahnsinn Hollywoods ist sie nicht. Ferguson: „Im Juli 1911 kam eine Film Crew nach Big Bear. So begann die Liebesaffäre zwischen Hollywood und unserer Stadt, die bis heute andauert.“ Szenen aus Lindsay Lohans Filmdebüt „Ein Zwilling kommt selten allein“ sowie tierische Produktionen wie „Lassie“ und „Dr. Doolittle 2“ wurden in den Wäldern, die die Stadt umkreisen, gedreht. Fans des letztgenannten Films dürfte wohl noch die Szene in Erinnerung geblieben sein, in der Eddie Murphy mit Archie, einem Bären in Streit gerät.

Die Serrano Indianer, die bis Mitte des 18. Jahrhunderts im Gebiet des heutigen Big Bear Lakes lebten, pflegten hingegen ein respektvolles Verhältnis mit den Grizzlys, die es zunächst noch in Scharen gab. Sie verzehrten weder ihr Fleisch, noch trugen sie ihr Fell. Erst als 1845 Benjamin D. Wilson mit einer Schar kalifornischer Cowboys das Gebiet für sich entdeckte, begann die Jagd auf den großen Bären. „Sie wurden so intensiv verfolgt, dass es 1906 keine mehr gab“, erzählt Ferguson. „Der Name der Stadt aber blieb.“

Bis heute kann man Bären sogar auf der Speisekarte finden.  Entwarnung: Bestellt man im Teddy Bear-Restaurant nahe der Hauptstraße ein Frühstück, so bekommt man Speck vom Schwein, Rührei und Kaffee. Denn es bedarf nicht unbedingt eines Grizzlys, um einen Bärenhunger zu stillen.