„Nur eine Affäre sollte es werden, ein Spiel der Sinne zwischen dir und mir“, besingt Roland Kaiser sein Dresden. Der deutsche Schlagerstar hat sich schon vor Jahren in die Landeshauptstadt von Sachsen verliebt. Auch ob ihrer politischen Färbung wird die 550.000 Einwohner zählende Stadt häufig völlig zu Unrecht unterschätzt. Gastfreundlichkeit schlägt Besuchern an allen Ecken und Enden entgegen. Und kaum eine Stadt entwickelt, gerade in der kalten Jahreszeit, so viel Flair und Liebreiz. Wenn sich etwa die weitflächigen Elbwiesen in Schnee gebadet in bizarre Winterlandschaften verwandeln, helle Weihnachtslieder in die Frauenkirche locken oder der traditionelle Striezelmarkt, Deutschlands ältester Weihnachtsmarkt, im Zentrum zum Flanieren und Durchkosten einlädt.

Ein Hoch auf den Stollen

Dort wird auch alljährlich – heuer am 9. Dezember – dem Dresdner Christstollen ein Hochfest bereitet. Gäste können vor Ort übrigens die Zubereitung eines echten Stollens – die Marke ist geschützt – in eigenen, von erfahrenen Bäckern geleiteten Workshops erlernen. „Das Rezept ist sehr genau reglementiert“, erklärt Traditionsbäcker Andreas Wippler (39), der seinen Betrieb in vierter Generation führt.
Nur 125 Bäcker in Dresden und Umgebung dürfen den Stollen herstellen und unter dem Gütesiegel verkaufen. Geheimnisse gibt es dabei zahlreiche, eines ist die Verwendung von Muskatblüten und Bittermandeln, die man in herkömmlichen Geschäften gar nicht zu kaufen bekommt. Wippler produziert mit seinem Team für die Advent- und Weihnachtszeit rund 1600 Stollen pro Tag, 20.000 in der Saison. „Zweimal gebuttert und gezuckert“, verrät das heurige, mittlerweile 23. Stollenmädchen Hanna Haubold einen weiteren Kniff. Die 20-Jährige darf in diesem Jahr den traditionsreichen Leckerbissen als Botschafterin (re-)präsentieren. Für sie ist das „eine Herzenssache“.

„Weiß & Heiß“


Nicht minder stark werden die süßen Geschmacksnerven im nur wenige Kilometer von Dresden entfernten Schloss Wackerbarth stimuliert. „Weiß & Heiß“ lautet dort winters die Devise. Dahinter verbirgt sich ein Glühwein, der aus sächsischem Weißwein, Traubensaft und verschiedenen Gewürzen zubereitet wird. Bereits 1834 soll auf dem Schloss die Idee dieses heißen Wintergetränks geboren worden sein, weiß Martin Junge bei der Verkostung zu erzählen. Das historische Rezept dazu wurde 2013 im Nachlass des Raugrafen August von Wackerbarth entdeckt. Nur die wenigsten wissen überhaupt, dass im Gebiet rund um Dresden Wein kultiviert wird. Die Sächsische Weinstraße, die sich entlang der Elbe mit ihren charakteristischen Weinbergterrassen zwischen Pirna und Diesbar-Seußlitz auf 55 Kilometern erstreckt, ist das kleinste Weinanbaugebiet Deutschlands. Gekeltert werden hauptsächlich Weißweine wie Müller-Thurgau, Riesling, Weißburgunder oder Goldriesling. Einige davon landen im traditionellen Glühweingetränk.

Hohe Kunst in Meißen

Direkt an der Weinstraße liegt auch die rund 28.000 Einwohner zählende Kreisstadt Meißen. Zu Weltruhm gelangte der Ort allerdings wegen seiner Porzellan-Herstellung. 1710 wurden dort die ersten Porzellane Europas, damals noch in den Räumlichkeiten der Albrechtsburg, gefertigt. 1865 bereits ist die Manufaktur ins Triebischtal umgesiedelt. Rund 630 Mitarbeiter produzieren heute in den Werkstätten vor Ort Geschirr, Vasen und Figuren aller Art, insgesamt mehr als 700.000 einzelne Formen und rund 10.000 verschiedene Farbtöne – natürlich immer noch alles von Hand. Spektakulär ist eine Führung durch die Schauräume des Museums. Exemplarisch werden die einzelnen Schritte der Porzellanherstellung – von den Dreh- über die Bossier- bis hin zu den Malarbeiten – veranschaulicht. „Da, wo das Auge hinkommt, kommt auch der Pinsel hin“, erklärt eine Mitarbeiterin, die seit mehreren Jahrzehnten in der Manufaktur ihren Pinsel schwingt, lapidar. Allein ihrer Erfahrung ist das Understatement ihrer Fertigkeit geschuldet.


Gleich am Eingang zu Museum und Schauraum werden die Besucher übrigens von einer ganz besonderen Porzellanskulptur begrüßt. Mit der 1,80 Meter großen Saxonia, der „Sächsischen Freiheitsstatue“, die mit 8000 handgefertigten Blümchen besetzt ist, wurde der deutschen Wiedervereinigung zum 25. Jubiläum ein Denkmal gesetzt.

Kult im "Kulti"


Ein Kulturdenkmal der besonderen Art hat im heurigen Frühling gegenüber dem Altmarkt wiedereröffnet. Der Kulturpalast war zuvor nach modernsten akustischen Standards umgebaut worden. Zu Silvester wartet der „Kulti“, wie ihn der Volksmund gerne nennt, mit fulminanten Konzerten der dort beheimateten Dresdner Philharmonie auf. Viele Stargäste, wie etwa die Sopranistin Simone Kermes, zünden dort das ganze Jahr über musikalische Feuerwerke. Erwähnenswert ist der Kulturpalast auch architektonisch, bildet der DDR-Bau doch einen scharfen Kontrast zum Neumarkt. Dort wurde die Frauenkirche, die den Luftangriffen von 1945 zum Opfer gefallen war, seit 1994 liebevoll, Stein für Stein, rekonstruiert und wiederaufgebaut.


Nur einen Steinwurf von der Altstadt entfernt, über der Elbe, entlang des Königsufers, kommen im winterlichen Dresden Sportliche auf ihre Kosten. Die Ebene lockt zu langen Spaziergängen oder zum Langlauf. Die besten der Zunft sprinten dort im Jänner zum ersten Mal um Weltcuppunkte – auf einer 1,4 Kilometer langen Skatingstrecke direkt vor der Silhouette der Altstadt. Im Sommer wird gleichenorts übrigens wieder die „Kaisermania“ über die Bühne gehen. Dann feiert die Stadt ihren Schlagerhelden und dieser sein Dresden: „Doch die Affäre wurde zur Liebe, meine Gedanken gehören dir.“

Roland Kaisers Liebeserklärung an Dresden: