Auf der Halbinsel Athos gehen die Uhren anders. Während wir um 8 Uhr im Hafen von Ormos ein Piratenschiff entern, ist es in der orthodoxen Mönchsrepublik um dem heiligen Berg fast Mittag. Nicht nur folgt man in den Klöstern weiterhin dem julianischen Kalender, auch der Tag beginnt nach byzantinischem Vorbild mit der Stunde null bei Sonnenuntergang. Untermalt von den Erzählungen der Piratencrew an Bord ziehen die Jahrhunderte der Geschichte vorbei, die auf der Insel 900 nach Christus beginnt. Mystisch ist ein Hilfsausdruck, wenn man an den 20 Großklöstern, die zum Welterbe der Unesco zählen und sich in die dicht bewaldeten Hügel ducken oder prunkvoll über Steilfelsen prangen, vorbeischippert. Sie alle überragt mit seinen 2033 Metern der Berg Athos, der am südöstlichen Ende der Halbinsel wie ein Kegel aus dem Meer aufragt.

Einen guten Teil seiner Mystik bezieht der Vatikan der orthodoxen Kirche aus dem unumstößlichen Fakt, dass ihn nur wenige betreten dürfen. Erlaubt ist es nur den Mönchen und Pilgern, sofern sie Männer sind. Weiblichen Wesen – und damit sind selbst Tiere gemeint – bleibt der Zutritt versagt. Nur bei den Katzen, die sich ja immerhin dem Mäuseproblem annehmen, soll man ein Auge zudrücken. Aber das wissen wir nur vom Hörensagen.

Verbürgen können wir uns hingegen dafür, dass Chalkidiki im Norden Griechenlands einen sofort mit offenen Armen empfängt. Während unsereins in der Form von Chalkidiki eine menschliche Hand mit drei Fingern sieht, sprechen die Griechen übrigens von Füßen. Hier also streckt Hellas höchstselbst die Zehenspitzen in die Ägäis.

Verwunschene Buchten, türkisblaues Wasser, weiße Strände im Schatten von Pinienhainen, an denen mehr als 30 „Blaue Flaggen“ wehen, gibt es auf den Landzungen Kassandra (die touristischste), Sithonia (die urige) und selbst auf Athos (wie etwa auf der vorgelagerten Insel Ammouliani) wie Sand am Meer. Sani, Kallikratia, Kriaritsi, Nikiti, Lagomandra, Sarti – mehr als 500 Kilometer säumen die Küste.

Dahinter ist die Kornkammer Griechenlands grün und saftig, hügelig bis gebirgig, gespickt mit urtümlichen Dörfern wie Afitos, Parthenonas oder Arnaia. Oder mit beschaulichen Häfen wie dem von Koufos, der den Spitznamen „tauber Hafen“ trägt, weil man das Meer von der Bucht aus nicht hören kann. Ouranoupoli, der weltliche Vorposten der Mönchsrepublik, glänzt im Licht der Ikonen, die in den Klöstern gemalt werden.

Im antiken Stagira wurde mit Aristoteles einer der berühmtesten griechischen Philosophen geboren, der in seinen Theorien den vier Elementen ein fünftes hinzudachte: den Äther als zeitlose Energie, die die anderen miteinander verbindet. Den Äther Chalkidikis verorten wir in der Gastfreundschaft. Köstlichkeiten sonder Zahl werden in den Tavernen aufgefahren. Und wenn man sich vor lauter herzhaftem Zugreifen schon nicht mehr rühren kann, meint die Kellnerin wohlmeinend: „Darf ich die Vorspeisen abräumen?“ Darauf einen Tsipouro, den traditionellen Tresterbrand. Jamas!

Apropos: Für brodelndes Nachtleben ist der kulturelle Schmelztiegel Thessaloniki zuständig.

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