In Karnien verliert Italien seine Lieblichkeit. Tolmezzo, die Stadt am Eingang von Karnien, ist das Tor zu einer anderen, aber nicht weniger spannenden Welt. Hier rücken die Berge eng zusammen, die Straße wird schmal und kurvig und die Dörfer kleben an den Hängen. Das Gebiet von Tolmezzo nach Sauris ist bergig und zerklüftet, aber romantisch und überaus geschmackvoll. Hier konnten sich die althergebrachten, einfachen und deftigen Speisen noch unverfälscht in die „Fast-Food-Zeit“ hinüberretten.

Schinken aus Sauris ist leicht geräuchert und sehr begehrt
Schinken aus Sauris ist leicht geräuchert und sehr begehrt © KK

Waren die Menschen in dieser kargen Gegend in vergangenen Zeiten, als Tourismus noch ein Fremdwort war, überaus genügsam, so hatte diese Abgeschiedenheit auch ihre Vorteile, die man heute zu nutzen weiß. Die Men- schen haben ihre alten Traditionen und Bräuche, die Geschmäcker, Lieder und ihre Kunst konserviert. Bewahrt von einem Volk, das seinen Stolz trotz Armut nie verloren hat. Die Karnischen Alpen hüten ein eigenes religiöses und kulturelles Gut mit römischen Funden, pittoresken Bauerndörfern, behutsam restaurierten Häusern, Ställen
und Plätzen, keltischen Bräuchen und kleinen Pfarrkirchen mit kulturellen Kleinoden. Hier konnte sich sogar eine eigene Sprache bewahren, die noch immer in den Bergdörfern gesprochen wird: die Zahre-Sprache, eine Spielart des Mittelhochdeutschen. Tolmezzo und seine Dörfer. Tolmezzo, die pittoreske Stadt im mittleren Tagliamentotal, gehörte früher zum Einflussgebiet des Patriarchen von Aquileia, verbündete sich dann mit der Republik Venedig und wurde 1866 Teil des Königreiches Italien. Als Industriestandort war sie für ihre edlen Tuchwaren bis nach Übersee bekannt. Im Borgàt, der Altstadt mit ihren historischen Gebäuden und Arkadengängen, sind noch Reste einer Befestigungsmauer zu sehen. Zahlreiche Locande und Osterien laden zum Verkosten der typischen karnischen Spezialitäten ein. Herrliche Gnocchi, Wildspezialitäten, Blecs – alles verfeinert mit geräuchertem Käse, der in der Gegend erzeugt wird. Im Volks- kundemuseum kann man die Geschichte sehr anschaulich nachvollziehen. Tolmezzo trägt heuer den Titel „Citta alpina 2017“. Auch ein Grund für einen Besuch.

Perle der Alpen. Man muss ein enges Tal hinauffahren, um die „Perle
der Alpen“, Sauris, zu finden. Sauris, von den Einheimischen Zahre genannt, ist mit 1400 Metern die höchstgelegene Gemeinde Friaul Julisch Venetiens. Man erzählt, dass das deutschsprachige Dorf einst von öster- reichischen Siedlern gegründet worden ist, die auch ihre Bräuche und ihre Kultur mitgebracht haben. In dem abgeschiedenen Gebiet haben sich ihre Traditionen und die Sprache konservieren können, sie ist heute eine weltweite Besonderheit.

Man glaubt es kaum, dass in dieser Gegend ein bedeutender Holzflügelaltar, vergoldet und bemalt vom Südtiroler Künstler Michael Parth aus 1524, zu finden ist. Der Name Sauris ist aber auch mit dem köstlichen Schinken und Zahre Bier verbunden. Ihr Erkennungszeichen ist eine sanfte Räucherung, die diese Fleischwaren so besonders macht. Am Fuße des Monte Zoncolan befindet sich noch ein authentisches Dorf, das man in die Besichtigungstour einplanen sollte – nämlich Ravascletto, das vor allem im Winter gerne besucht wird.

Hier tickt es richtig. Mit dem Holzreichtum in dieser hoch gelegenen Region haben Italiener immer schon umzugehen gewusst. Sutrio verdankt seine Bekanntheit vor allem den Werkstätten für Holzschnitzereien und Skulpturen.

Tickt’s noch richtig? Diese Frage stellt man sich in der Ortschaft
Pesariis. Es ist die Stadt der Uhren und wer immer sich für ausgefallene Uhrwerke interessiert, ist hier richtig. Neben dem Uhrenmuseum lädt die Stadt zur Begehung der Uhrenmeile. Was man hier zu sehen bekommt? Klappzahlen-, Schachbrett-, Himmelsuhr, die Uhr von Leonardo da Vinci, Wasseruhren und noch mehr für Uhrenfreunde. Es tickt, dass die Zeit stehenzubleiben scheint.