Venedig, Dubrovnik, Barcelona, Palma de Mallorca: In immer mehr Städten Europas beginnen sich die Bewohner gegen die Massen an Touristen zu wehren. Auch in Österreich wird der Ruf nach Strategien gegen "Overtourism" lauter - etwa in Hallstadt oder in der Stadt Salzburg. Als Vorbild könnte dabei Amsterdam dienen: Kaum ein anderes Reiseziel kämpft derzeit so konsequent gegen das Zuviel an Besuchern.

"Touristen sind willkommen. Die Frage ist, wie können wir die Stadt für ihre 850.000 Einwohner trotzdem lebenswert halten", sagte Claartje van Ette am Dienstag bei einer Diskussion im Rahmen der "Salzburger Verkehrstage". Van Ette ist in der niederländischen Hauptstadt für das "City in Balance"-Programm verantwortlich, das Maßnahmen für mehr Ausgewogenheit zwischen Gästen und Bewohnern entwickelt. "Wir müssen eine Balance zwischen den guten und schlechten Folgen von Tourismus finden."

Die Zahl der Besucher in Amsterdam hat sich von elf Millionen im Jahr 2005 auf 18 Millionen im Jahr 2017 erhöht - und Prognosen zufolge sollen es in sieben Jahren doppelt so viel sein. Der Andrang sorgt nicht nur für verstopfte Straßen, Lärm und achtlos weggeworfenen Abfall: Die Mieten für die Bewohner sind kaum mehr leistbar, nationale und internationale Ketten und Souvenirshops haben lokale Geschäfte verdrängt.

Notbremse

Darum zog die Stadtverwaltung im Vorjahr die Notbremse. In den meisten Stadtteilen werden seitdem keine neuen Hotels mehr genehmigt. Gleiches gilt für Touristenshops oder Betriebe, die sich mit ihren Angeboten hauptsächlich an Touristen richten. "Die Einkaufsstraßen müssen auch für die Bewohner attraktiv sein. Wir wollen eine Vielfalt an Geschäften", sagte van Ette. Zugleich hat Amsterdam die Vermietung über Online-Plattformen wie Airbnb stark eingeschränkt. Einwohner dürfen ihre Wohnung etwa nur mehr für maximal 60 Tage im Jahr vermieten.

Bei den geführten Touren durch das Rotlichtviertel wurde die maximale Teilnehmerzahl auf 20 beschränkt, die feuchtfröhlichen Fahrten auf dem Bier-Bike wurden im Stadtzentrum verboten. In Zukunft sollen auch die Anlegestellen für die Grachten-Rundfahrten aus dem Zentrum weg verlegt werden. Ab Jänner 2019 wird die Abgabe für Touristen von derzeit sechs auf sieben Prozent des Nächtigungspreises erhöht. "Das wird zwar die Zahl der Besucher nicht verringern, aber man kann mit den Einnahmen wichtige Maßnahmen finanzieren, etwa die Reinigung der Straßen", erläuterte van Ette.

Ansturm auf Hallstatt

Das Zuviel an Touristen beschäftigt aber nicht nur große Metropolen. Rund 1.000 Autokilometer südöstlich von Amsterdam klagt das Weltkulturerbe Hallstatt über den Ansturm auf den Ort. Den 780 Einwohnern stehen im Jahr bis zu einer Million Tagestouristen gegenüber. Im vergangenen Jahr wurden 16.500 Reisebusse gezählt, heuer dürften es rund 19.000 werden.

"Der Verkehr lässt sich abwickeln. Das Problem ist die Menge an Menschen", sagte der Bürgermeister von Hallstatt, Alexander Scheutz, bei der Diskussion. Die Wertschöpfung aus dem Tourismus sei zweifelsohne hoch. "Es ist ja nicht so, dass alle Gäste nur im Bus essen. Und auch nicht alle Gäste gehen in die Gärten und Wohnzimmer der Bewohner. Da ist viel Klischee dabei, aber es sind trotzdem zu viele Leute."

Ziel: Reduktion der Tagesgäste

Man müsse darum eine Reduktion der Tagesgäste erreichen. Scheutz sprach sich am Dienstag aber dezidiert gegen Eintritte aus. "Viele Besucher glauben jetzt schon, Hallstatt sei ein Museum. Wenn ich nun Drehkreuze aufstelle und Eintritt nehme, dann glauben sie das erst recht."

Der Ort habe vielmehr ein Team von Verkehrsplanern und Mediatoren engagiert, die gemeinsam mit der Bevölkerung und den heimischen Betrieben eine Strategie gegen die Massen ausarbeiten. "Ich will die Ergebnisse der Arbeitsgruppen nicht vorweg nehmen, aber derzeit sieht alles danach aus, dass es ein Slot-System für Reisebusse geben wird", erklärte Scheutz. "Es soll dann jeden Tag nur mehr eine bestimmte Zahl an Bussen geben, die sich voranmelden müssen. Ist kein Slot frei, können sie in Zukunft auch nicht mehr nach Hallstatt fahren."