Dieses Azurblau am Himmel ist wahrlich eine Offenbarung, besonders, wenn es sich im Meer spiegelt und die Umrahmung aus weißen, karstigen Felsen besteht, unterbrochen von mit Gischt umsprühten Buchten und Schluchten mit zerfransten Aleppokiefern. Was die Zöllner einst auf diesem Weg, der nach ihnen benannt ist, gemacht haben?

Der Wanderweg „Sentier de Tire-poil“ am Meer entlang rund um das Cap d’Antibes, die Halbinsel der Milliardäre, ist mit seiner atemberaubenden Aussicht ideale Einführung in die Schönheit der Côte d’Azur, die ihren Namen von der Farbe des Himmels hat und zwischen Nizza und Antibes „Bucht der Engel“ genannt wird. Sie bietet viel mehr als Luxus und Jetset, den man angesichts der wunderschönen Villen ahnt, aber nicht vermisst. So groß ist der Reichtum der Naturschönheiten, die nach der winterlichen Mimosenblüte auftauchen, wie der geschützte, weiß blühende Jupiterbart am Zöllnerweg.

Begleitet vom Duft der Zitronen- und Orangenbäume führt er den Wanderer zum üppigen mediterranen Park der herrlichen Belle-Époque-Villa Eilenroc, wo ab Mai der Rosengarten mit seinen 800 Sorten zum Paradies wird. Wunderschön anzusehen wäre der Park des weltberühmten, luxuriösen Hôtel du Cap-Eden-Roc, aber da dürfen Normalsterbliche nicht hinein.

Man nimmt also den Bus und fährt in die Stadt Antibes, die das Flair der Riviera wunderbar verkörpert: mit dem Hafen Port Vauban, in dem riesige Luxusjachten liegen, der romatischen Altstadt, dem duftenden „Marché provençal“, dem Markt, wo sich zwischen Lavendelsträußen eine Köstlichkeit an die andere reiht, der Absinth-Bar im versteckten Kellergewölbe, wo man 20er-Jahre-Hüte aufsetzen kann, dem unvergleichlichen Picasso-Museum im Grimaldi-Palast am Pier und der Meerpromenade, die für Maler wie geschaffen scheint. Monet, Chagall und viele andere waren denn auch hier, ebenso die berühmtesten Dichter des 20. Jahrhunderts.

Wie man das Leben entspannt und stilvoll genießen kann, sieht man an Wochenenden, wo Familien und Freundesrunden ganz selbstverständlich an der Promenade picknicken und die steinernen Einfriedungen der Palmen als Tisch benutzen oder am Strand unbeschwert Volleyball spielen. Man muss kein Star sein, um sich an der Riviera wohlzufühlen.

Auch in Cannes findet man abseits der Croisette in den engen Gässchen nicht nur gemütliche Lokale, sondern unweit der Küste ganz unerwartete Naturgenüsse. Auf den vorliegenden Inseln Îles de Lérins, die aufgrund ihrer maritimen Wälder mit den ältesten Eukalyptus-Bäumen Europas als Unesco-Weltnaturerbe registriert sind, kann man sogar ein „Tahitian Adventure“ erleben. Mit polynesischen Pirogen, ganz schmalen Südpazifik-Booten, gleitet man mithilfe von Paddeln über das türkisfarbene Wasser und blickt auf die unberührten Strände von Sainte-Marguerite, wo der Dichter Guy de Maupassant „märchenhafte“ Sonnenuntergänge erlebte.

Abenteuerlich erlebt man die Natur eine Autostunde von Cannes entfernt im Landesinneren: Im Naturpark Parc Naturel Régional des Préalps d’Azur nordwestlich der geheimnisvoll anmutenden Parfumstadt Grasse, in deren schmalen, dunklen Gassen mit den steil aufragenden mittelalterlichen Häusern laut „Das Parfum“ der Mörder Grenouille sein Unwesen trieb, liegt im Parc de la Moulière eine einzigartige Höhle. Die 300 Meter lange Via Souterrata in 45 Meter Tiefe ist der weltweit einzige unterirdische Klettersteig, wo man an einem anderen Ort herauskommt, als man hineingeht. Dort kommen Abenteuerlustige auf ihre Kosten. Die eisernen Klammern, auf die man in der Unterwelt seine Schritte setzen muss, sind für Angsthasen eine Herausforderung, ebenso die schwankenden Hängebrücken und der Übergang, den man mit den Füßen auf einem Stahlseil balancierend schaffen muss.

Da ist die familientaugliche Tour mit geliehenen Mountainbikes durch die Plaine de Caille eine herrliche Erholung, bei der man wieder Luft holen kann. Der Naturpark bietet noch viel mehr: eine Biodiversität, wie man sie kaum wo findet, das Wildtier-Reservat Réserve des Monts d’Azur, das einzige Europas, wo man sich Tieren ohne Zäune nähert, und malerische historische Dörfchen, die auf Hügeln thronen oder an Felsen kleben wie Schwalbennester.

Mitten in einem Blütenteppich liegt Tourrettes-Sur-Loup, wo zur Zeit Tausende Veilchen die Landschaft in Violett tauchen und einen betäubenden Duft verströmen. Jetzt im Frühjahr werden die Blüten für die Konfiserie geerntet, zwischen Mai und Juli die Blätter geschnitten und in den Parfumfabriken von Grasse verarbeitet.

Und dann wären da noch die Werkstätten, wo man sein eigenes Parfum kreieren kann. Und die Gärten des Internationalen Museums der Parfümerie, wo Millionen Blütenblätter von Rosen, Jasmin oder Tuberosen darauf warten, durch Destillation, Mazeration oder wie einst durch Enfleurage ihren Duft der Nachwelt zu übergeben. Aber das ist eine andere Offenbarung.