Haben Sie schon einmal von der autonomen Republik Karakalpakstan gehört? Wahrscheinlich nicht. Der Name hört sich ja auch wie erfunden an. Doch Karakalpakstan, wahlweise auch Karakalpakien genannt, existiert wirklich. Die Republik, die sogar mit einer eigenen Fahne glänzt, liegt oder besser lag am Aralsee. Denn im Gegensatz zu Karakalpakstan gibt es den See heute nicht mehr, er ist ausgetrocknet.

Karakalpakstan?

Karakalpakstan dagegen ist quicklebendig. Der Reisereporter Dennis Gastmann, Spezialist für bizarre Destinationen, war jedenfalls dort. In seinem neuen Buch "Atlas der unentdeckten Länder" hat er dem "Land der schwarzen Mützen" eines seiner schönsten Kapitel gewidmet. Andere abseitige Reiseziele waren etwa die abtrünnige Republik Transnistrien, das unbekannte Wüstenscheichtum Ra's al-Chaima und die Südseeinsel Pitcairn, Zufluchtsort der "Bounty"-Meuterer.Es ist schon eine Herausforderung, überhaupt nach Karakalpakstan zu kommen, denn dazu muss man erst einmal auf die Botschaft von Usbekistan, zu dem Karakalpakstan offiziell gehört. Beim dortigen Verhör bekommt der Reisewillige präzise Verhaltensmaßregeln eingebläut: "Erstens: Nichts Negatives schreiben. Zweitens: Nur Positives schreiben. Drittens: Niemals, wirklich niemals den großen usbekischen Volkshelden Timur beleidigen." Nach mehrstündigem Flug und endloser Eisenbahnfahrt erwartet den Journalisten ein gottverlassener, vom Wüstenwind gepeitschter Ort und - Überraschung - eine der größten Kunstsammlungen der Welt mit viel russischer Avantgarde, ausgerechnet hier im Nirgendwo!

Transnistrien?

Dass Transnistrien in Europa liegt, dürfte viele überraschen. Die Existenz der Republik am Ostrand von Moldawien ist den meisten gänzlich unbekannt. Dabei wurde der Pseudo-Staat schon 1990 ausgerufen, allerdings bisher von keinem Land der Welt offiziell anerkannt. Eine Reise dorthin ist allein deshalb schon ein aufregendes Erlebnis, weil es wie eine Nostalgietour in die verflossene Sowjetunion ist. Ob überlebensgroße Lenin-Statuen, graue Wohnsilos oder schäbige Vergnügungsparks: "Alles erinnerte an böse alte Zeiten." Höhepunkt der eher zweifelhaften "Lustreise": Ein Besuch der bedeutendsten "Spirituosensammlung unserer Zeit" in einer 28 Meter hohen Schnapsflasche mit einem alkoholseligen Reiseführer!

Da erscheint die Südseeinsel Pitcairn auf den ersten Blick verheißungsvoller. Doch Dennis Gastmann belehrt uns schnell eines Besseren. Die Insel irgendwo in der Mitte des Pazifiks zwischen Neuseeland und Südamerika hat nicht nur eine berüchtigte Vergangenheit, auch die Gegenwart ist nicht allzu prickelnd. Bewohnt wird sie von Nachfahren der berühmten Meuterer von der "Bounty", die hier anlandeten, nachdem sie ihren sadistischen Kapitän ausgesetzt hatten. Doch edel waren diese Mannsbilder nicht, zum größten Teil waren sie Trunkenbolde und Radaubrüder. Sie begründeten mit einigen Tahiti-Schönheiten die hiesige Kolonie. Wegen der extremen Isolation der Insel gab es immer jede Menge Inzucht. Auch heute noch ist das Leben dort sehr eintönig. Nicht einmal Internet scheint zu funktionieren. Die Insel ist also nur ganz hartgesottenen Naturfreaks und eingefleischten "Bounty"-Fans zu empfehlen.

Ein Schmankerl ist der Wettkampf zweier verrückter Weltreisender. Während der Anwalt Zoran auch noch die geschmacklosesten Schnappschüsse etwa von öffentlichen Hinrichtungen in Dschidda macht, genügen dem Fastfood-Touristen Lak Reise-Quickies, nur um so viele Länder wie möglich zu sammeln. Die wenigsten werden nach der Lektüre des Buchs wohl den Wunsch verspüren, Gastmanns unentdeckte exotische Länder aufzusuchen. Darüber zu lesen ist Vergnügen genug.