Beinahe wäre der Gänsegeier unentdeckt geblieben. Mitten im Dikti-Massiv im Südosten von Kreta auf gut 1200 Metern Seehöhe hat er es sich auf einem Felsvorsprung bequem gemacht, um die Stille der Berge und die warmen Strahlen der Frühlingssonne zu genießen. Ein Anblick mit Seltenheitswert. „Der Geier ist das wildeste Tier auf Kreta“, lässt Safari-Guide Thasso die Teilnehmer der Land-Rover-Safari wissen, bevor er mit einem gellenden Pfiff versucht, den Herren der kretischen Lüfte zu locken. Vergeblich.

Menü der Natur

Kein Wunder bei der Aussicht: Ringsum den Greifvogl breitet sich ein Meer an Gebirgen aus. Eingebettet in die schroffen Felswände des Dikti-Massivs liegt die Lasithi-Hochebene. „Hier war früher ein See“, weiß Thasso. Heutzutage ist die auf 850 Höhenmetern gelegene Ebene ein Geheimtipp für Naturliebhaber und Wanderer.
Im Frühsommer ist sie von endemischen Pflanzen, blühenden Wildkräutern und reifen Früchten überzogen. Oliven wachsen hier ebenso wie Thymian, Feige und Granatapfel. Ein aromatisches Menü der Natur. Nicht nur die Berge werden zwischen März und Mai von den Pflanzen bunt eingekleidet – die ganze Insel blüht jetzt auf. Am besten einmal kräftig durchatmen!

Wer jedoch das Lebensgefühl der Kreter inhalieren will, muss in einer der zahlreichen Tavernen im Hinterland einkehren. „Wir Kreter sind die Bayern von Griechenland. Wir haben unser eigenes Idiom, unsere eigene Lebenseinstellung“, erklärt Fremdenführer Nektarios. Oft reicht es, sich nur wenige Kilometer von der Küste zu entfernen, um kleine kulinarische Perlen zu finden. So wie die Taverne Dichalos im kleinen Dorf Agriana im Bezirk Chersonissos. Dort werden die Gäste mit selbst gemachtem Olivenöl, hausgemachtem Zaziki und frisch gebranntem Raki verköstigt. „Die meisten Einwohner auf der Insel sind Bauern. Im Sommer arbeiten sie in der Tourismusbranche und im Winter ernten sie die Oliven und den Wein“, weiß Nektarios.

Allein 30 Prozent der Tourismuseinnahmen von Griechenland fallen auf Kreta. Die Arbeitslosigkeit ist auf der Insel gering, in der Hochsaison benötige man zusätzliche Arbeitskräfte vom Festland, erklärt Ioannis Mastorakis, Bürgermeister von Chersonissos. „Die Wirtschaftskrise haben wir gut überstanden, Flüchtlinge gibt es bei uns nicht“, hält er den Schlagzeilen entgegen.

Orientalische Holzhäuser

Neben der facettenreichen Naturlandschaft, der herzlichen Gastfreundschaft und den herrlichen Badestränden warten Städte mit bewegter Vergangenheit auf die Urlauber. Die Stadt Rethymnon im Norden der Insel etwa zeigt den Besuchern ein Wechselspiel zwischen venezianischen Bauten und orientalischen Holzhäusern. Rund 80 Kilometer weiter, in der Hauptstadt Heraklion, findet jeden Samstag ein Wochenmarkt statt: Obst, Gemüse, aber auch Textilien findet man dort. Und wem das geschäftige Treiben der Städte doch zu viel wird, der kann immer noch in die duftenden Berge flüchten.