In Denver lässt es sich leben. Die Einwohner sind dünner und schlauer als die meisten Amerikaner, sie trinken leckeres Bier aus lokalen Brauereien, und sogar ihre Golfbälle fliegen weiter. Dabei wurden die ersten Siedler eindringlich vor dem Ort gewarnt.

Die "Königin der Prärie" ist flachbrüstig. Denver ist platt wie eine Briefmarke, und doch bieten sich ihrem Besucher grandiose Ausblicke. Denn die Hauptstadt Colorados sitzt auf einer Hochebene zu Füßen der Rocky Mountains. Von der Panoramaterrasse unter der vergoldeten Kuppel des Kapitols überblickt der Besucher 200 schneebedeckte Bergspitzen vor tiefblauem Himmel.

Mit ihren vielen Universitätsabsolventen zählt Denver heute zu den klügsten Städten in den USA. Das Westernhemd mit den praktischen Druckknöpfen wurde hier erfunden - und der Cheeseburger. Trotzdem futtert sich Denver kein Speckpolster an. Colorado gilt als "dünnster Staat der USA". Die "Denverites" genannten Bewohner sind Fitness- und Freiluft-Fanatiker. Das Vorgebirge ist ihr Sportplatz.

Sogar die Luft ist hier dünner. Man gerät leicht aus der Puste, gibt das aber besser nicht zu. Denn "Sea Level is for Sissies", wie die Aufkleber auf vielen Stoßstangen klarstellen - "Meereshöhe ist für Memmen". Die "Mile High City" trägt ihren Namen zu recht: Die 13. Stufe des Kapitols liegt genau eine Meile, 1609 Meter, über Normalnull. In der dünnen Luft fliegen Golfbälle zehn Prozent weiter. Und ein Bier haut einen viel schneller aus den Socken.

Der Bürgermeister weiß das. Bevor John Hickenlooper 2003 ins Rathaus gewählt wurde, begründete er die lokale Bierbrauerszene. Heute drängen sich allein in "Lower Downtown", Denvers Party-Viertel, rund 90 Hausbrauereien, "Microbreweries" genannt.

Der Neubau des Baseballstadiums startete 1995 die Wiederbelebung des heruntergekommenen Karrees von 25 Straßenblöcken. Viele der alten Backstein-Lagerhäuser sind inzwischen saniert, schicke Lofts und Galerien, Clubs, Cafés und Geschäfte sind eingezogen.

Die Indianer warnten einst die weißen Einwanderer, nicht am Zusammenfluss von Cherry Creek und South Platte River zu siedeln. Dort war 1858 Goldflitter entdeckt worden, ein Goldsuchercamp entstand. Niemand wollte auf die Warnungen der Indianer hören, doch in den ersten Jahren schienen sie Recht zu behalten: Denver brannte zweimal ab und wurde einmal überschwemmt.

Heute säumen Radwege den Cherry Creek. Künstliche Stromschnellen sprudeln auf der Höhe von "Confluence Park" im Platte River. Kajaker üben Eskimorollen. Die "Millennium Bridge", eine an einem 60 Meter hohen Mast aufgehängte Fußgängerbrücke, verbindet den Stadtteil Riverfront mit der "16th Street Mall". Ein falscher venezianischer Campanile-Glockenturm und vielstöckige Bürogebäude flankieren Denvers Fußgängerzone mit ihren Straßencafés, Restaurants und Souvenirläden.

Kostenfreie Busse pendeln über die Fußgängerstraße vom Bahnhof bis zum Kapitol. In der Nähe liegen das große graue Rathaus und das Kunstmuseum. Wie eine alte Ritterburg sieht der Nordteil aus den 1970er Jahren aus. Noch extravaganter ist jedoch der Anbau von 2006, die erste große Arbeit von Daniel Libeskind in seinem Heimatland. Weit ausladende, mit Titan verkleidete geometrische Winkel erinnern an ein zackiges Bergkristall - das neueste Juwel in der Krone der Prärie-Königin.

INFO: www.colorado.com/Deutsch/; www.denver.org