Die Lagunenstadt setzt auf die Wiederentdeckung ihrer historischen Weinberge: Eine Gruppe von Önologen des Konsortiums der Weinproduzenten Venedigs hat mit Experten der Universitäten von Padua und Mailand ein Forschungsprojekt gestartet, um die Herkunft und Eigenschaften der alten Reben zu erkunden, die sich in der Stadt und auf den Inseln der Lagune befinden.

Genetische Datenbank wird angelegt

Das Ziel ist, eine genetische Datenbank aller Rebsorten anzulegen, die auf eine Jahrhunderte lange Tradition zurückblicken. Venedig und die Lagune - darunter die bekannten Inseln Torcello und Sant'Erasmo - wurden von den Önologen auf der Suche nach alten Sorten aufs Genaueste durchforstet. Viele befinden sich in den Gärten von Klöstern und Privatvillen traditionsreicher Adelsfamilien.

Ziel des Projekts, das die Experten scherzhaft als "Öno-Archäologie" bezeichnen, ist es, die Eigenschaften der Rebsorten vom genetischen Standpunkt zu überprüfen, ihre Herkunft herauszufinden und ihre Widerstandsfähigkeit zu erkunden. 68 verschiedene Rebsorten wurden genau unter die Lupe genommen. Dabei kam es zu Überraschungen: Die Wissenschafter entdeckten Rebsorten, die die venezianischen Kaufleute aus Israel und Armenien mitgebracht hatten.

Um ihr Aussterben zu verhindern, werden jetzt zwei Weinberge mit den wiederentdeckten Sorten bepflanzt. Einer befindet sich auf der Insel San Giovanni nahe der Insel Torcello an dem Ort, wo einst eine dem Heiligen Johannes gewidmete Kirche stand. Im 19. Jahrhundert wurden auf Torcello bis zu 30 Hektar mit Wein bepflanzt.

Der zweite Weinberg wird im Garten eines Karmeliterklosters am Canal Grande angelegt, in dem der letzte Doge Venedigs, Lodovico Manin, begraben ist. Mit den Trauben soll ein Wein wie der im Venedig des 17. Jahrhunderts produziert werden.

"Wir haben die Mönche überredet, mit uns zusammenzuarbeiten. In Venedig wird seit dem 14. Jahrhundert Wein aus Trauben von Reben hergestellt, die die Kaufleute von ihren Reisen im Mittelmeerraum zurückbrachten", berichtete Attilio Scienza, Koordinator des Projekts, im Gespräch mit der APA. Er ist Koautor des Buchs "Der Wein in der Geschichte Venedigs", das dieser Tage veröffentlicht wurde.

"Venedig blickt auf eine alte Tradition im Weinhandel zurück, die lokale Produktion war jedoch eher gering. Kleine Mengen wurden für familiären Gebrauch und religiöse Zeremonien hergestellt", erzählte Scienza. Später wurde die Weinproduktion in der Lagune Venedig vernachlässigt und verlagerte sich hauptsächlich auf das Festland, wo heute weltweit renommierte Weine wie Pinot Grigio, Prosecco und Malvasia hergestellt werden. Doch ganz sind die Weinberge aus Venedig nicht verschwunden und die "Öno-Archäologen" wollen zeigen, welche Bedeutung sie für die Kultur und Tradition der Lagunenstadt hatten.