Die Frage. Ich habe ein Problem, das niemand um mich herum zu haben scheint. In den Medien lese ich auch nichts darüber. Ich bin 20 Jahre alt und habe seit zwei Monaten eine feste Freundin. Es ist sehr schön zwischen uns, auch körperlich. Wir haben besprochen, abzuwarten, bis wir miteinander schlafen. Wir sind gerade erst dabei, uns näherzukommen, und haben das Gefühl, dass es für uns noch zu früh wäre. Wir sind noch zu wenig vertraut.

Mein Freundeskreis macht sich aber deswegen über mich lustig. Sie meinen, ich mache aus Sex mehr, als er ist. Es sei doch einfach nur Spaß und dazu bräuchte ich meine Partnerin nicht genauer kennen. Für mich ist es nicht so. Für mich ist Sex etwas sehr Intimes und Persönliches und daher brauche ich Zeit, bis ich mich ganz auf die Frau einlassen und mich gehen lassen kann. Ist das also krank von mir?

Elia Bragagna, Sexualmedizinerin
Elia Bragagna, Sexualmedizinerin © kk

Elia Bragagna antwortet: Gleich vorab: Ihr Verhalten ist ganz richtig, mehr noch, es ist achtsam. Sie tun nur das, was für Sie passt. Für Ihre Freunde mag Sex etwas anderes sein. Zu guter Letzt zählt aber für Ihre emotionale Gesundheit nur, was für Sie (und Ihre Partnerin) richtig ist.

Sie haben auch recht, dass in den Medien kaum aufgezeigt wird, was für unterschiedliche Bedeutungen Sex für jeden haben kann, und es daher auch keine Norm gibt, wie viel Zeit jemand braucht, um sich darauf einlassen zu können.

In meiner Praxis habe ich allerdings zunehmend junge Männer mit Erektions- und Ejakulationsstörungen und Frauen mit Erregungsstörungen und Schmerzen beim Geschlechtsverkehr, weil sie eben nicht darauf schauten, ob es schon passend war, den anderen so nah heranzulassen.

Sexualität wurde für sie dadurch zu einer stressigen Leistungsshow, weit ab von dem, was eine sexuelle Begegnung sein kann. Diese Personen müssen mit meiner Hilfe das lernen, was Sie schon können.