Die Frage.Vor einigen Wochen haben meine Frau und ich zusammen „Fifty Shades of Grey“ gesehen. Im anschließenden Gespräch deutete meine Frau an, dass sie einige Szenen sehr anregend fand und sich Ähnliches auch schon einmal vorgestellt hat.

Ich selber könnte nie Gewalt gegen eine Frau anwenden! Wir haben seither nicht mehr darüber gesprochen, doch ich frage mich immer wieder, ob sie mit unserem Sexleben unzufrieden ist. Soll ich sie darauf ansprechen?

Eva Stix antwortet. Ihre Frau hat Sie einen Blick auf einen Teil ihres sexuellen Innenlebens werfen lassen, der Ihnen bisher noch nicht bekannt war. Das kann irritieren. Es bedeutet aber nicht, dass Ihre bisherige Sexualität als Paar Ihrer Frau nicht entspricht. Jeder Mensch hat sein eigenes sexuelles Spektrum.

Es besteht aus Dingen, die man bereits macht, Fantasien und Wünschen, die man bisher noch nicht ausprobiert hat und vielleicht auch niemals ausprobieren will - nicht alles, was in der Fantasie aufregend ist, möchte man im echten Leben erfahren -, und aus Ideen, die vielleicht in Zukunft interessant werden.

Eva Stix, Psychiaterin
Eva Stix, Psychiaterin © kk

Jedes Paar entwickelt eine gemeinsame sexuelle Geschichte, tut Dinge, die beide mögen, lässt weg, was einer der beiden nicht so mag, und verschweigt manches, was selber schambesetzt ist. Fragen Sie sich ehrlich: Wie viel Prozent Ihres sexuellen Spektrums ist Ihnen bewusst? Und wie viel Prozent kennt Ihre Frau? Sie hat nun einen ersten Schritt gemacht, sie hat sozusagen die „sexuelle Kommunikationsgrenze“ verschoben. Sie können nun entscheiden: Entweder Sie bleiben auf vertrautem Terrain und entschließen sich, besser nicht alles wissen zu wollen. Oder Sie sind neugierig und fragen.

Das würde nicht automatisch bedeuten, dass Sie die Fantasien Ihrer Frau umsetzen müssen. Wie auch immer Sie sich entscheiden, es wird auf jeden Fall Unterschiede im sexuellen Spektrum geben, aber genau diese Verschiedenheit lässt uns auch in langen Partnerschaften immer wieder etwas Neues entdecken.