"Ich will keine Hormone mehr nehmen.“ Mit diesem Satz begründen immer mehr Frauen ihre Abkehr von der klassischsten Form der Verhütung, der Pille. Diese Tendenz, die schon im letzten „Verhütungsreport“ aufgezeigt wurde, hat ihre Wurzeln in der Scheu davor, mit Hormonen in Pillen-, Ring-, Pflaster- oder Spiralenform in den eigenen Körper einzugreifen. Doch ist diese Angst begründet? Wir haben uns bei Gynäkologen umgehört.

„Natürlich ist eine hormonelle Verhütungsmethode ein Eingriff in den Hormonhaushalt“, sagt Wolfgang Schöll von der MedUni Graz. „Und es gibt keine Wirkung ohne Nebenwirkung.“ Eine teilweise gruselige Liste dieser Nebenwirkungen wurde im sozialen Netzwerk Twitter von Frauen erstellt: Unter #mypillstory berichteten sie von depressiven Verstimmungen, Angstzuständen, Migräne oder dem Gefühl, einfach nicht mehr man selbst zu sein.

Thrombose-Risiko

„Solche Nebenwirkungen betreffen nach meiner Erfahrung nur wenige Frauen“, sagt Schöll. Häufig hingegen war das Problem der Gewichtszunahme: Ältere Generationen der Pille führten zu unliebsamen Wassereinlagerungen. „Bei Pillen der dritten und vierten Generation gibt es diese Probleme nicht mehr“, sagt Schöll.

Doch diese kommen mit einem anderen Haken: Hier ist das Risiko, eine Thrombose zu bekommen, höher. „Doch dieses Risiko muss man in Relation setzen“, sagt Schöll.

„Die Häufigkeit ist somit noch immer gering, aber Frauen müssen aufgeklärt werden“, sagt Schöll. Prinzipiell spreche aber nichts gegen eine hormonelle Verhütung – auch nicht über lange Zeit.

„,Böse Hormone‘ gibt es nicht“, sagt Martina Ballon, Frauenärztin in Klagenfurt und Graz. Sie beobachte den Trend weg von der Pille aber auch in ihrer Praxis: „Wie bei jedem Medikament müssen Nutzen und Risiko abgewogen werden“, sagt Ballon. Ist das passiert, gehe von der Pille keine Gefahr aus. Im Gegenteil, hormonelle Verhütung könne auch positive Nebeneffekte haben: Der Zyklus wird regelmäßiger, Regelschmerzen bessern sich. Doch Ballon weiß: „Nicht jede Frau verträgt hormonelle Verhütung und nicht für jede Frau passt die gleiche Pille.“ Daher brauche es ein aufklärendes Gespräch, um die beste Methode zu finden.

"Medizinisch nicht gerechtfertigt"

Aufklärung, das wünscht sich auch Christian Fiala, Leiter des Gynmed-Ambulatoriums in Wien und Herausgeber des „Verhütungsreports“. Die Hormonangst führe dazu, dass wirksame hormonelle Verhütung abgelehnt wird. „Und dann kommt es zu ungewollten Schwangerschaften und Abbrüchen“, sagt Fiala. „Hier werden Ängste geschürt, die medizinisch nicht gerechtfertigt sind.“ Denn: Hormone seien nun einmal die Sprache des Körpers – und daher die beste Methode, um dem Eierstock mitzuteilen: Bitte mach keinen Eisprung.

Eine Alternative ohne Hormone ist die Kupferspirale, die es auch in anderen Formen gibt. Doch auch hier seien Nebenwirkungen möglich, sagt Schöll: Durch den heraushängenden Faden könnten Bakterien aufsteigen und zu Entzündungen bis hin zu Verklebungen der Eileiter führen – das sei selten, aber möglich. Andere „natürliche“ Arten der Verhütung, wie die Kalendermethode, schneiden beim Verhindern von Schwangerschaften eher schlecht ab.