Videospielen im Dienste der Wissenschaften: Das tat eine Gruppe Senioren im Rahmen einer Studie, um zu erforschen, ob 3D-Computerspiele vor Demenz schützen können. Die Ergebnisse zeigen: Ja, es konnte eine Zunahme der sogenannten Grauen Substanz in bestimmten Gehirnbereichen festgestellt werden. Eine Abnahme der Grauen Substanz hat Anteil an Alterskrankheiten wie Demenz. 

Das Team aus kanaischen Forschern hatte die Senioren über sechs Monate "Super Mario 64" spielen lassen: Dabei muss Mario in einer 3D-Welt Sterne sammeln, um eine Prinzessin zu finden. Die Teilnehmer hatten zuvor noch nie 3D-Computerspiele gespielt und taten dies nun fünf Tage die Woche je eine halbe Stunde. Einige Spieler beendeten das Spiel innerhalb der sechs Monate und spielten danach "Super Mario Galaxy". 

Mit 3D-Videospiel geistig fit bleiben
Mit 3D-Videospiel geistig fit bleiben © Nintendo

Eine zweite Gruppe sollte am Computer über das halbe Jahr hinweg regelmäßig Klavier üben. Auch diese Teilnehmer hatten keine entsprechende Vorerfahrung, lernten also eine für sie neue Sache. Die dritte Gruppe bekam keine Aufgaben.

Gedächtnistest

Die Forscher um Greg West von der Universität Montreal erfassten bei allen Teilnehmern zu Beginn die Masse an Grauer Substanz in drei Bereichen des Gehirns und führten einen Gedächtnistest durch. Die Graue Substanz setzt sich in erster Linie aus Nervenzellkörpern zusammen, Weiße Substanz hingegen vor allem aus Leitungsbahnen. Mehr Graue Substanz in bestimmten Hirnarealen wird mit höheren Intelligenzwerten in Verbindung gebracht.

Nur bei den Teilnehmern, die Super Mario spielten, legte die Graue Substanz im Hippocampus in dem halben Jahr zu, das Kurzzeitgedächtnis verbesserte sich. Der Hippocampus ist eine Gehirnregion, in der neue Eindrücke als Erinnerung gespeichert werden. Hier werden zudem räumliche Informationen so zusammengefügt, dass sich eine Art innere Karte ergibt. Die Forscher gehen davon aus, dass die Spieler solche inneren Karten erstellten.

Abbau rückgängig machen

Ein Abbau im Hippocampus gilt als beteiligt an Demenzerkrankungen wie der Alzheimer-Krankheit. Bei der Vergleichsgruppe, die nichts Neues lernte, nahm die Menge der Grauen Substanz in allen getesteten Gehirnarealen ab.

"Die gute Nachricht ist, dass wir solche Effekte wieder rückgängig machen können und das Volumen wieder erhöhen können, wenn wir etwas Neues lernen, und Spiele wie "Super Mario 64", die den Hippocampus aktivieren, scheinen hier Potenzial zu haben", erklärte Ko-Autorin Sylvie Belleville.

Besseres Gleichgewicht

Bei den Super Mario-Spielern verbesserten sich demnach zudem Strukturen in einer Hirnregion, die für Bewegungen und Gleichgewicht zuständig ist. Diesen Bereich hatten offenbar auch die Klavierspieler trainiert. Allein bei den Klavierspielern traten außerdem Verbesserungen in einem Bereich auf, der für Planungen und Entscheidungen wichtig ist.

Hans Förstl von der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie an der Technischen Universität München nimmt an, dass es durchaus sinnvoll sein könnte, Computerspiele einzusetzen, um präventiv gegen Krankheiten wie Demenz vorzugehen. Gerade Senioren, die weniger mobil sind und sich deshalb in den immer gleichen Räumen bewegen, trainierten einen Teil des Hippocampus kaum.

Videospiele für Senioren entwickeln

Die kanadischen Forscher erklären, dass es sinnvoll sein könnte, 3D-Computerspiele speziell für Senioren zu entwickeln. Da gerade in der Super-Mario-Gruppe einige Teilnehmer abbrachen, vermuten sie, das Spiel könnte für Ungeübte zu schwierig sein. Es könne aber auch sein, dass die Einstellung gegenüber Computerspielen in dieser Generation grundsätzlich zu negativ sei, so die Forscher.

Die Studie baut auf Erkenntnissen der sogenannten Taxi-Fahrer-Studie auf, bei der vor einigen Jahren festgestellt wurde, dass Londoner Taxifahrer ihren Hippocampus trainieren, indem sie innere Karten von London anlegen, um sich auf Fahrer-Prüfungen vorzubereiten.

Neuere Studien hatten bereits gezeigt, dass sich das 3D-Computerspielen positiv auf bestimmte Gehirnstrukturen bei jungen Menschen auswirkt.