Frau Bischof, vor Ihrer Diagnose hatten Sie gerade maturiert, wollten die Welt bereisen und Karriere machen. Dann kam der erste epileptische Anfall. Wie ging es Ihnen, als diese Krankheit plötzlich in Ihr Leben trat?

SARAH BISCHOF: Im ersten Moment habe ich mich sehr verloren gefühlt. Denn mir wurde auch bewusst, dass das keine Krankheit ist, die man behandelt, und sie verschwindet wieder. Das war immer im Hinterkopf: Ich muss mein ganzes Leben nach dieser Krankheit ausrichten. Am Anfang war ich auch nicht wirklich anwesend, sondern wie traumatisiert. Ich habe getan, was ich tun musste, habe Medikamente genommen, bin zu Ärzten gegangen, aber hatte noch gar nicht realisiert, was los ist. Ich war wie in einer Traumwelt.

Sie beschreiben, dass Ihre Familie und Ihre beste Freundin für Sie wichtige Stützen waren. Gleichzeitig gab es aber auch Menschen, die durch Krankheit den Kontakt abbrachen. Wie sehr hat Sie das getroffen?

Kurz nach meiner Diagnose habe ich Schulfreunde getroffen und ihnen erzählt, dass ich Epilepsie habe. Seither habe ich nie mehr etwas von ihnen gehört. Das gibt es, aber inzwischen nehme ich das den Leuten gar nicht mehr so übel, denn ich weiß, dass es auch eine Art Selektion ist. Wenn man mit so einer Krankheit lebt, dann sind die Freunde, die man hat, richtig gute Freunde.

Woher kommt diese Berührungsangst?

Epilepsie ist leider noch immer eine sehr tabuisierte Krankheit. Auch gibt es sehr wenig Wissen über die Erkrankung, das war auch ein Grund, warum ich das Buch geschrieben habe. Die Menschen hören Epilepsie und denken, da fällt man um und zuckt. Das ist aber nur eine der vielen Formen der Epilepsie. Das Fremde macht den Menschen immer Angst, deshalb distanzieren sie sich, weil sie überfordert sind und sich hilflos fühlen. Auch Vorurteile spielen eine große Rolle.

Das Buch: Panthertage
Das Buch: Panthertage © kk

Welche sind das?

Epilepsie wird oft mit einer geistigen Behinderung, mit einer Beeinträchtigung der Intelligenz verbunden. Man stellt sich unter einem Epileptiker einfach keinen Menschen vor, der „ganz normal“ ist, der nicht als krank auffällt.

Wie beschreiben Sie die Erkrankung anderen Menschen?

Epilepsie ist wie ein Gewitter im Gehirn. Die meiste Zeit ist das „Wetter“ ganz normal, doch dann braut sich ein Gewitter zusammen, das ausbricht. Es blitzt und donnert, dann ist man kurzzeitig lahmgelegt. Doch wenn das Gewitter vorbei ist, kommt die Sonne wieder zum Vorschein. Wie nach einem Unwetter muss man die Sturmschäden reparieren, aber danach ist alles wieder normal.

Diese Sturmschäden finden sich auch im Titel des Buches: Als Panthertage beschreiben Sie Tage mit einem Anfall, die tiefschwarz sind.

Ja, am Tag des Anfalls bin ich wirklich wie ausgeschaltet, doch am nächsten Tag und nach viel Schlaf geht es mir deutlich besser. Spätestens zwei Tage nach einem Anfall kann ich wieder arbeiten gehen. Die Anfälle sind sehr anstrengend, ich merke das an einem starken Muskelkater durch die Krämpfe und die Erschöpfung an den Tagen danach.

Sie haben vor Kurzem geheiratet, herzliche Gratulation! Wie schwierig ist das Beziehungsleben mit der Krankheit?

Es sind auch Beziehungen an der Krankheit zerbrochen. Eine chronische Krankheit ist eine Belastungsprobe, es kann immer etwas sein, ich muss meine Medikamente nehmen, mir wird es nie genauso gut gehen wie gesunden Menschen. Da muss man einen Partner haben, der damit umgehen kann und den es aber auch nicht zu sehr belastet. Die Beziehung zwischen meinem Mann und mir hat durch die Krankheit eine Stärke, die wir anderen vielleicht voraushaben, da wir von Anfang an diese Belastung ausgehalten haben.