Was ist nur mit den Männern los? Eine Untersuchung zeigt auf: In den letzten Jahrzehnten sank die Spermienzahl der westlichen Männer um mehr als die Hälfte. In Zahlen bedeutet das: Die Anzahl der Spermien ist pro Milliliter um 52,4 Prozent gesunken, bei der Gesamtzahl der Spermien pro Samenerguss beträgt der Rückgang sogar 59,3 Prozent. Für den Studienleiter Hagai Levine sind die Ergebnisse ein „Weckruf für Gesundheitsbehörden auf der ganzen Welt“, schließlich gehe es um nicht weniger als die männliche Fruchtbarkeit.

„Wir beobachten schon seit Jahren, dass nicht nur die Zahl der Spermien weniger wird, sondern sich auch ihre Gestalt zum Schlechten verändert“, sagt Michael Salfellner, Androloge und Urologe an der Med Uni Graz. Auch steigende Fallzahlen von Hodentumoren und sogenannten Bauchhoden deuten daraufhin, dass es eine bedenkliche Entwicklung gibt. Welche Ursachen jedoch dahinter stecken, darüber rätselt die Forschung noch.

Rauchen der Mutter

„Es spielen wohl der Lebensstil wie auch Umweltfaktoren zusammen“, sagt Salfellner. Ein zentraler Faktor dabei ist das Rauchen – und zwar nicht nur das Rauchen der Männer, sondern auch das Qualmen der Mütter während der Schwangerschaft mit den zukünftigen Männern. „Raucht eine Mutter in der Schwangerschaft, hat das negative Auswirkungen auf die Entwicklung der Hoden des Kindes“, sagt Salfellner.

Doch nicht nur „Erbsünden“ stören die Spermienproduktion – auch die Eckpfeiler des typischen westlichen Lebensstils wirken sich teils dramatisch aus: mangelnde Bewegung, ungesunde Ernährung, Übergewicht. Eine Studie aus New York hat zum Beispiel gezeigt, dass die Spermienzahl bei „Couch-Potatos“, die mehr als 20 Stunden pro Woche vor dem Fernseher sitzen, um 44 Prozent geringer war, als bei weniger fernsehsüchtigen Altersgenossen. Durch Bewegung wiederum konnte die Zahl der Spermien gesteigert werden.

Gefährliche Weichmacher

Schon seit Jahren stehen Weichmacher (Phthalate) im Verdacht, die Spermienqualität von Männern zu beeinflussen: Diese Stoffe, die Plastik biegsam machen, sind hormonaktiv und bringen so das hormonelle Gleichgewicht im Körper durcheinander. Einige Studien haben gezeigt, dass Männer mit erhöhten Phthalat-Werten im Blut auch eine schlechtere Spermienqualität haben. Es fehlen aber noch Langzeituntersuchungen zu den Auswirkungen. „Es gibt viele Verdächtige und alle spielen wohl eine Rolle bei dieser Entwicklung“, fasst Salfellner zusammen.

Was kann Mann nun tun, um seine Schwimmer fit zu halten? Es gelten die Grundregeln für die allgemeine Gesundheit: ausgewogen und gesund essen, regelmäßige Bewegung machen – nur sehr intensives Radfahren schadet den Fortpflanzungsorganen des Mannes – und Stress reduzieren.

Regelmäßiger Sex

Für Sperma gilt aber auch: Es wird nicht besser, wenn es lange steht. Daher ist ein regelmäßiges Sexualleben der Spermienproduktion und auch ihrer Beweglichkeit sehr zuträglich. „Denn wenn keine Nachfrage besteht, sinkt auch die Produktion“, sagt Salfellner.

Die aktuelle Studie hat nur die Anzahl der Spermien erhoben – für die Fruchtbarkeit eines Mannes sind aber auch Aussehen und Beweglichkeit der kleinen „Schwimmer“ entscheidend. Daher sage die Studie auch nichts darüber aus, ob europäische Männer nun auch weniger fruchtbar geworden sind. Laut der Anzahl der gefundenen Spermien (137,5 Millionen pro Samenerguss) ist der Mann im Durchschnitt nämlich noch weit von der Mindestgrenze an notwendigen Spermien (40 Millionen) entfernt.

Doch Androloge Salfellner gibt zu bedenken, dass Männer ebenso wie Frauen den Kinderwunsch in ihrer Lebensplanung immer weiter nach hinten verschieben – und dass die Spermienqualität im Alter schlechter wird, sei ein Faktum.