Zu Beginn möchte ich eine Frage aus dem Vorwort zum Buch aufgreifen: Kann man mit Menstruationsblut eine Bierflasche füllen?

Luisa Stömer: Ein guter Freund hat uns das tatsächlich einmal gefragt. Wir haben sehr gelacht und ihm dann erklärt, dass das nicht geht. Aber auch Frauen haben das Gefühl, sie würden während der Menstruation unglaublich viel Blut verlieren. Tatsächlich handelt es sich aber nur um 30 bis 50 Milliliter Blut, damit könnte man eine halbe Kaffeetasse füllen.

Hat die Menstruation ein Imageproblem? Sie wird abgetan als lästige Tage, an denen man nicht man selbst ist - zu Unrecht?

EVA WÜNSCH: Die Menstruation hat definitiv ein Imageproblem. Der weibliche Zyklus betrifft direkt etwa 50 Prozent der Menschheit - und die anderen 50 Prozent sind nur hier, weil ein Uterus gute Arbeit geleistet hat. Seit Jahrhunderten gilt die Menstruation als Schwäche der Frauenkörper. Sie wurde oft als „toxischer Ausstoß“ und damit als unrein dargestellt. Noch heute scheut man sich, darüber zu sprechen. In der Werbung wird das Regelblut immer noch blau dargestellt. Das suggeriert, dass Frauen, die ihre Tage haben, so tun müssten, als wäre nichts. Man verleugnet die Menstruation. Mit diesem schizophrenen Umgang wachsen wir auf. Das Blut ist kein Problem, wenn es einem Splatterfilm entstammt. Wenn es aber aus einer Vagina kommt, drehen sich alle angeekelt ab.

Luisa Stömer und Eva Wünsch
Luisa Stömer und Eva Wünsch © Katharina Pflug

Was soll euer Buch denn sein: Frauenratgeber oder Aufklärungsbroschüre?

WÜNSCH: Es ist ein Nachschlagewerk zum weiblichen Zyklus. Das Buch soll es Frauen und Männern ermöglichen, sich grundlegendes Wissen anzueignen. Wichtig ist, dass wir Bescheid wissen, darüber reden können und dass die Wiege des Lebens so nicht weiterhin als ekelhaft empfunden wird.

Welche Erkenntnis hat euch bei der Recherche am meisten überrascht?

STÖMER: Am meisten hat uns überrascht, wie viel im Körper vor sich geht, auch während wir nicht bluten. Der komplette Zyklus ist ein Wechselspiel aus Stimmungen, die Menstruation ist nur ein sehr kleiner Teil davon. Wir wussten auch nicht, dass es Frauen gibt, die die „freie Menstruation“ betreiben. Sie brauchen keine Tampons oder Binden, sie haben ihren Beckenboden so gut trainiert, dass sie das Menstruationsblut eine gewisse Zeit zurückhalten und stoßweise ablassen können.

Welche Einstellung sollten Frauen ihrer Menstruation gegenüber haben?

STÖMER: Wir wollen gar nicht leugnen, dass die Periode etwas Nerviges und Schmerzhaftes sein kann. Wenn man sich aber gut mit seinem Körper auskennt, kann man alles, was mit der Blutung zu tun hat, besser akzeptieren und sie auch als das sehen, was sie ist: ein Zeichen unserer Fruchtbarkeit und der Ausgangspunkt für neues Leben. Wir würden uns starke, selbstbewusste Frauen wünschen, die nicht verstecken müssen, was unmittelbar zu ihnen gehört. Freundschaft mit sich selbst, das wäre ein schönes Ziel.

Buchtipp
Buchtipp © Gräfe & Unzer