"Unser Leben wurde nicht einmal, sondern einige Mal auf den Kopf gestellt“, sagt Fritz Pleunik, wenn er an den Mai 2015 zurückdenkt und über die Hand seiner Frau Rosa streichelt. Damals erlitt Rosa einen Herzstillstand - und wurde zurück ins Leben geholt. Seither ist sie Wachkoma-Patientin auf der Albert-Schweitzer-Klinik in Graz und seither fährt ihr Mann Fritz an zumindest fünf Tagen pro Woche von Feldbach nach Graz, um den Tag mit seiner Frau zu verbringen. Er bringt sein Mittagessen mit, er geht mit Rosa spazieren - doch heute fällt der Spaziergang kürzer aus, denn es ist Montag. Und Montag kommt Doktor Franz Tube zur Visite.

Dieser trägt Kinderski an den Füßen, einen gelben Helm auf dem Kopf und eine Clownnase im Gesicht - das Erkennungszeichen der Roten Nasen, deren Mission es ist, Lachen auf Krankenstationen zu bringen. Seit 2014 besucht Doktor Tube, der ohne rote Nase Joe Hofbauer heißt, einmal wöchentlich die Wachkomapatienten - und musste dafür das Programm der Clowns, die sonst vor allem in Kinderkliniken und Altersheimen zu Gast sind, speziell anpassen.

"Skifoooooan" auf der Quteschn

„Ich gehe alleine zu den Patienten, um sie nicht zu überfordern“, sagt Hofbauer. Schließlich müsse er langsam herausfinden, wie viel Betroffene wahrnehmen - und wie sie darauf reagieren. Manche Patienten, wie Rosa, machen es Doktor Tube leicht und begrüßen ihn mit einem breiten Lächeln, das das sonst stumme Gesicht verändert.

Bei anderen muss Franz Tube genau hinsehen: Farbveränderungen der Haut, kleine Bewegungen, Schwitzen - das sind die Wege, über die Wachkomapatienten kommunizieren. Und ihnen begegnet Franz Tube an diesem Montag ausgestattet mit einer „Quetschn“, auf der er - passend zu den Skiern an seinen Füßen - „Skifoooooan“ intoniert.

Schock und Sorge

Die Wirkung zeigt sich nicht nur an den Gesichtern der Patienten im Aufenthaltsraum. Die Eltern einer Patientin kommen aus dem Zimmer, schauen zunächst überrascht, lächeln dann und stimmen sogar ein, als Franz Tube das Zigeunerlied zum Besten gibt. „Sie war ja selbst Musikantin, vielleicht genießt sie die Musik ja“, sagen die Eltern von Paula*, die erst seit sechs Wochen im Wachkoma ist. Schock und Sorge kehren in die Gesichter der Eltern zurück, als sie erzählen, dass ihre Tochter, die selbst Mutter erwachsener Kinder ist, von einer Minute auf die andere ein Pflegefall wurde.

„Die Angehörigen und die Patienten bilden eine Symbiose“, sagt Jörg Hohensinner, Leiter der Wachkomastation, der das Programm gemeinsam mit Joe Hofbauer erarbeitet hat. Somit wirkt das Lachen von Mutter oder Ehemann auch auf die Betroffenen. „Allein die Stimmung zu verändern, ist so wichtig“, sagt Hofbauer. Denn die Angehörigen seien sehr stark betroffen, das ganze Leben ist durcheinandergeraten.

Doktor Tube ist in die nächsten Zimmer weitergezogen, Fritz Pleunik steht mit den Eltern von Paula zusammen. „Man darf nur die Hoffnung nicht aufgeben“, sagt er und streichelt die Hand seiner Rosa.

*Name geändert.