"Es übersteigt jede Vorstellung. Man kommt in ein reiches Land mit bewundernswerter Kultur - und riecht in einem der besten Hotels in der Lobby Zigarettenrauch", sagte der irische Experte Luke Clancy im Rahmen der Welt-Lungenkrebs-Konferenz in Wien.

Irland war im Jahr 2004 der erste Staat, der sich als rauchfrei deklarierte. "Österreich hinkt da weit hintennach. Ist die Tabakindustrie hier so mächtig? Versteht Sie nicht, dass die Welt auf Sie blickt? (...) Eine Packung mit 20 Zigaretten kostet in Irland jetzt elf Euro. Das bedeutet Geld für den Staat und reduziert die Raucherquote", sagte Clancy, Generaldirektor des irischen TobaccoFree Research Institute. Die Tabakindustrie werde immer an Wegen arbeiten, Menschen süchtig zu machen, um ihr Geschäft zu bewahren.

Uruguay als Positivbeispiel

Zuvor hatte der uruguaynische Präsident Tabare Vazquez auch im Rahmen der Pressekonferenz jene Prinzipien betont, auf welche der Kampf seines Landes gegen den Tabakkonsum beruhe: "Das Recht eines Staates, die Gesundheit und das Leben zu schützen hat Priorität gegenüber Geschäftsinteressen." Bei der UN-Generalversammlung seien mehrere Staatspräsidenten auf ihn, Vazquez, zugegangen und hätten ihn zum Ausgang des Schiedsgerichtsverfahrens beglückwünscht, das Philip Morris gegen sein Land wegen Investitionsschutzes angestrengt hatte. Vazquez betonte aber auch die Unterstützung durch die WHO und den Bloomberg Fund, welcher eine Beteiligung an der Absicherung gegen das finanzielle Risiko des Schiedsgerichtsverfahrens versprochen hatte.

Freihandelsabkommen als Problem

Ein Problem können jedenfalls Freihandelsabkommen darstellen, betonte die malaysische Expertin für Öffentliche Gesundheit Zarihah Zain. "Auch wenn das Transpazifische Partnerschaftsabkommen (TTPA) vielleicht jetzt wegen Einwänden der neuen US-Regierung nicht kommen sollte, es stellt ein Exempel für solche Abkommen im 21. Jahrhundert dar. Wir wollten, dass Tabakprodukte völlig aus dem Abkommen herausgenommen werden. Das geschah aber nur teilweise", sagte die Expertin.

So könnte die Tabakindustrie bei Inkrafttreten des Vertrages zwar nicht direkt auf Investitionsschutz-Verletzungen vor einem Schiedsgericht klagen, jedoch müsste sie in die Verhandlungen bei allen Schritten zur Tabakkontrolle einbezogen werden. "Die Tabakindustrie muss konsultiert werden", sagte die Expertin. Dann habe man die Zigarettenkonzerne vielleicht nicht im Gesundheitsministerium, aber dafür im Handelsministerium sitzen. Es dürfe auch keine höheren Steuern für ausländische Tabakprodukte geben. "Man darf Tabak nicht so sehen wie andere Produkte", fügte Zain hinzu.

Fonds tabakfrei

Einen anderen Weg im Kampf gegen die Tabakindustrie hat die australische Onkologin Bronwyn King gefunden. Sie hat vor Jahren eine Kampagne gegen das Investieren in die Branche durch die Billionen Euro schweren privaten Pensions- und staatlichen Investitionsfonds gestartet. "Ich habe am Beginn meiner Laufbahn drei Monate lang an einer Station für Lungenkarzinompatienten gearbeitet. Fast alle starben. Und dann kam ich drauf, dass in meinem Pensionsfonds auch Tabakkonzernaktien enthalten waren." Mittlerweile seien bereits 35 der australischen Fonds "tabakfrei", das entspreche 40 Prozent des weltweit viertgrößten Marktes solcher Investmentvehikel. Auch international nehme das Echo zu.