Noch immer ist der Schlaganfall einer der großen „Killer“ der westlichen Welt, aber: In der Behandlung des „Schlagerls“ wurde schon viel erreicht. Flächendeckend gibt es sogenannte Stroke Units, in denen die verschlossenen Hirngefäße so schnell wie möglich wieder geöffnet werden. Denn: Zeit ist Hirn.

Auch bei besonders schweren Fällen können Mediziner heute gut helfen, indem sie einen Katheter bis ins Gehirn schieben und dort das verstopfte Gefäß wieder öffnen. Dank dieser Errungenschaften überleben heute bis zu 85 Prozent der Patienten einen Schlaganfall, der Großteil von ihnen sogar ohne bleibende Einschränkungen.

Wieder gehen können

Aber: Ein Drittel trägt immer noch Folgeschäden davon. Das können Probleme beim Sprechen oder bei Bewegungen sein. Besondere Bedeutung hat dabei die Gehfähigkeit: Trotz einer halbseitigen Lähmung wieder gehen zu können, kann durch das Training in der Rehabilitation erreicht werden. Aber „was bei dieser Wiederherstellung genau passiert und welcher Patient welche Maßnahmen braucht, das wissen wir nicht“, sagt Neurologe Christian Enzinger von der MedUni Graz. „Aber das wollen wir herausfinden.“

Zusammenarbeit

„Wir“ – das sind vier Partner, die das Projekt „rE(EG)map“ gemeinsam meistern wollen. „Ein solches Projekt ist nur durch interdisziplinäre Zusammenarbeit möglich“, sagt Enzinger. Dazu gehören die Datenanalyse von Projektleiter Reinhold Scherer (TU Graz), die Bildgebung in Person von Stefan Ropele (MedUni Graz) und die klinische Praxis mit den Neurologen Enzinger und Peter Grieshofer, der die Rehabilitation an der Klinik Judendorf-Straßengel betreut.

Bisher sei die Wirkung der Rehabilitation, die jeder Schlaganfallpatient bekommt, eine große Unbekannte: „Wir wissen nicht, bei welchem Patienten wir welche gezielten Methoden einsetzen müssen und wie diese im Gehirn wirken“, sagt Enzinger. Das gelte es herauszufinden – und die Grundlage dafür ist die Technik.

Modernster MRT-Scanner

Einerseits ist das der modernste verfügbare Magnetresonanztomografie-Scanner, kurz MRT, der an der MedUni Graz steht. „Mit dem neuen Gerät können wir nicht nur zeigen, welche Areale des Gehirns geschädigt wurden, sondern auch abbilden, wie diese Areale miteinander verbunden sind“, sagt Ropele.

Die Ergebnisse dieser Analyse sind beeindruckende bunte Bilder, die das Gewirr der Nervenbahnen rekonstruieren. Diese „Datenautobahnen“, die die Nervenzellen des Gehirns miteinander verbinden, haben viel damit zu tun, wie erfolgreich die Rehabilitation ist. „Wenn die zentrale Verbindung geschädigt ist, kann die Rehabilitation nicht viel bewirken“, erklärt Enzinger.

EEG im Gehen

Der zweite Teil der Technik versteckt sich in einer mit Elektroden geschmückten Haube: „Wir können heute die Gehirnströme auch messen, wenn der Mensch sich bewegt“, sagt Scherer. Bisher konnte dieses EEG nur in Ruhe gemessen werden, da die elektrischen Signale der Nervenzellen sehr schwach sind. Doch mittels besserer Technik ist es heute möglich, die Aktivität der Gehirnzellen zu messen, während Patienten auf dem „Lokomaten“ Gehen üben.

Die Vision der Forscher ist: Schon vor Beginn der Reha zu wissen, welches Training gebraucht wird und somit die maßgeschneiderte Therapie für jeden Patienten anbieten zu können – um dem Schlaganfall noch mehr an Schrecken zu nehmen.

Im Lokomat kann man gehen üben, ohne zu stürzen
Im Lokomat kann man gehen üben, ohne zu stürzen © KK