In den vergangenen hundert Jahren hat sich in Österreich die Lebenserwartung verdoppelt. "Wer heute in den Ruhestand tritt, hat noch eine Zeitspanne von 20 und mehr Jahren", sagte am Dienstag bei einer Pressekonferenz in Wien die Seniorenbeauftragte der Stadt Wien, Angelika Rosenberger-Spitzy. Umso wichtiger wird aktives und speziell gesundes Altern. Das beginnt bei entsprechender Ernährung, erklärten Experten.

Mangel- und Unterernährung

Mangel- und Unterernährung etablieren sich bei betagten Menschen oft schleichend. "Um das 60. Lebensjahr beginnt eine Abnahme der Körpermasse, wobei häufig durch reduzierte körperliche Aktivität vorrangig Körpereiweiß verloren geht. Jeder Tag ohne Essen bedeutet einen Verlust von 300 bis 500 Gramm Muskelgewebe. Das entspricht ein bis drei Prozent der Muskelmasse eines älteren Menschen", sagte Michael Hiesmayr, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft für Klinische Ernährung und Klinikchef für Anästhesie und Intensivmedizin an der MedUni Wien am AKH. Die Fachleute sprechen bei solchem physischen Abbau von "Sarkopenie".

Dass bei Senioren häufig in der Ernährung mehr als nur "etwas" nicht stimmt, zeigt sich bei den Spitalsaufnahmen: 47 Prozent der Krankenhauspatienten haben vor dem stationären Aufenthalt Gewicht verloren, nur 44 Prozent in der Woche davor normal gegessen. Nur 39 Prozent essen dann im Krankenhaus normal. Bei weniger als der Hälfte der Patienten, die im Spital zu wenig Nahrung zu sich nehmen, erfolgt eine entsprechende medizinische Intervention.

Ernährung als Prävention

Bei länger dauernder Mangelernährung nehmen zusätzliche Probleme wie Immobilität, Unfälle (Stürze) und Behinderungen drastisch zu. Der Ernährung kommt daher bei der Prävention altersbedingter Behinderungen neben der Förderung von körperlichen und geistigen Aktivitäten eine hervorragende Rolle zu.

Laut einer Modellrechnung könnte das Hinausschieben des Zeitpunktes für das Auftreten von altersbedingten Behinderungen um drei Jahre die Häufigkeit solcher Probleme trotz in Europa weiter steigender Lebenserwartung senken. Klaus Hohenstein, Facharzt für Physikalische Medizin (Geriatriezentrum Wienerwald): "Die größten Hürden auf diesem Weg heißen Muskelschwund, Gebrechlichkeit, Mangelernährung, Knochenschwund und Knochenbrüche."

Die "Österreichische Initiative gegen Sarkopenie" und die "Initiative Mangelernährung" wollen für mehr Bewusstseinsbildung sorgen. Entsprechende Aktivitäten gibt es auch im Rahmen des 2012 laufenden "Europäischen Jahres für aktives Altern und Solidarität zwischen den Generationen" (EJAA).