Das Ende

Mach beim Fastenexperiment mit, haben sie gesagt. Das macht Spaß, haben sie gesagt ...

Auf Liftfahren zu verzichten war ein Leichtes. Aber 8000 Schritte jeden Tag „herunterzuspulen“, stellte mich vor eine Herausforderung, an der ich (zu) oft gescheitert bin. Nach einem langen Arbeitstag etwa, wenn ich keine Lust hatte, nachts mit dem Schrittzähler um die Häuser zu ziehen – ich meine damit GEHEN, nicht feiern. Schlechtes Gewissen und sinkende Motivation inklusive. Es folgten aber zum Glück Zeiten, in denen ich leichtfüßig und gut gelaunt meine 8000 Schritte und mehr erreichte. Meist dann, wenn ich dabei nette Gesellschaft hatte.

Ein cooler Nebeneffekt des Experiments war, dass ich mein Umfeld damit anstecken konnte. Nach dem Motto „Gehst du noch oder zählst du schon?“ wurde ich laufend (und stehend) gefragt, wie viele Schritte ich schon zurückgelegt habe. Im Gegenzug verrieten mir Freunde, Familie und Kollegen ihre Tageszahl.

Wie soll es nach 46 Tagen und 419.345 zurückgelegten Schritten weitergehen? Hoffentlich zu Fuß oder mit dem Fahrrad. Denn eines werde ich jedenfalls beibehalten: den täglichen Spaziergang in die Redaktion. Und auch die obligatorische Frage „Na, wie geht’s?“ wird wohl bleiben. Denn die ist zum echten „Running Gag“ geworden.

Woche fünf:

Die Vorzüge

Ich habe einmal gelesen, dass es rund drei Wochen braucht, bis sich Körper und Kopf umstellen: Sei es auf eine andere Ernährung, neue Lebenssituation oder die (anfangs verhasste) Sporteinheit. Und es stimmt. Während mir das ständige Herumhatschen anfangs teilweise auf die Nerven ging, gehört der tägliche Spaziergang in die Stadt, zur Redaktion, zum Supermarkt oder zu Terminen inzwischen wie selbstverständlich zur Alltagsroutine. Dass mir dabei jedes Mal das Herz aufgeht, wäre jetzt übertrieben.

Aber: Nach 36 Marschtagen habe ich die Vorteile meiner täglichen Portion Bewegung zu schätzen gelernt. Neben den Klassikern wie den Kreislauf in Schwung bringen, Immunsystem, Muskulatur und Gelenke stärken, Kalorien verbrennen und sich fitter fühlen habe ich für mich noch ein paar Vorzüge entdeckt: So kann ich jeden Tag bei meiner Bäckerei des Vertrauens Frühstück kaufen – ohne stressige Parkplatzsuche. Die Nussschnecke schmeckt doppelt so gut, weil sie durch den Kalorienverbrauch nicht (so) ins Gewicht fällt (beruhigt das Gewissen ungemein).

Obwohl ich flott gehe, entschleunige ich mit jedem Schritt. Außerdem spare ich Benzinkosten, da das Auto weniger genutzt wird, und riesige Lebensmittelkäufe nach der Arbeit sind auch Geschichte: Es wird nur so viel gekauft, wie ich tragen kann (auch das musste ich erst lernen). Und: Das viele Gehen ist der beste Vorwand, um neue Schuhe zu kaufen. Ja, das ist ein Vorteil! :-)

Woche vier:

Ich gehe mein Bestes

Mir ist erst jetzt bewusst geworden, wie oft mich die Leute fragen, wie es mir geht. Das war sicher auch vor der Fastenzeit so, aber jetzt fällt es mir aufgrund der Doppeldeutigkeit besonders auf. Meine etwas abgedroschene Antwort darauf lautet jedes Mal: Es geht, danke! Genau genommen gehe ich ja laufend. Also nicht im Laufschritt, sondern ständig. In die Arbeit, zur Apotheke oder zum Supermarkt.

Nach gut vier Wochen, in denen ich Schritte zähle und paranoid auf das Display meines Trackers starre, habe ich ein Gespür dafür entwickelt, wann ich die 8000-Schritte-Marke geknackt habe. Das tut gut. Auch, dass ich mein näheres Umfeld mit dem „Bewegungsdrang“ angesteckt habe. So schicken mir Freunde und Kollegen laufend (da ist das Wort wieder) Screenshots von ihren zurückgelegten Schritten. Meist mit dem Zusatz: „Du kannst gerne ein paar davon abhaben!“ Vielen Dank! ;-)

"Schritte-Manie"

Grundsätzlich freue ich mich ja über (digitale) Post. Unter vielen netten E-Mails in den vergangenen Wochen sind naturgemäß auch negative, die meine „Schritte-Manie“, wie ein Leser schreibt, kritisieren. Warum auch immer. Schließlich geht es mir nicht darum, mich mit jedem zurückgelegten Schritt in der Öffentlichkeit zu rühmen, sondern darum, meinem inneren Schweinehund einen Tritt zu verpassen und bewusster durchs Leben zu schreiten. Mag sein, dass 8000 Schritte pro Tag für andere ein Klacks sind, für mich (und wohl auch viele andere) nicht. Aber Schritt bleibt Schritt und ein herzliches Chapeau an all jene, die wider die Trägheit durch den Alltag spazieren!

Nach über 190.000 Schritten in den vergangenen 28 Tagen habe ich eines gelernt: dass ich mich von meinem (Fasten-)Weg so schnell nicht abbringen lasse. Weiter so, würden jetzt liebe Menschen sagen. Mach ich, und ich gehe (!) mein Bestes.

Woche drei:

Kollegiale Fürsorge

Wie mir diese Herumhatscherei auf den Keks geht, ist ja bereits bekannt. Darüber beklage ich mich regelmäßig - off- und online. Und wenn ich selbst eines nicht mag, dann ist es Jammern (außer über das Wetter in Klagenfurt, das gehört zum guten Ton!). Daher habe ich mir gedacht, ich versuche die positiven Dinge zu sehen, die mir dieses Experiment bisher beschert hat. (Normalerweise würde ich den Rest hier weiß lassen, Scherz!) Doch es gibt tatsächlich etwas, das mir einfällt.

Und zwar: Ich habe viel über Kollegen gelernt. Die einen sind ehrlich daran interessiert, wie es mir geht, bei anderen kommt die sadistische Ader zum Vorschein. So behauptete ein „lustiger“ Kollege (Name der Redaktion bekannt) fälschlicherweise, aber lautstark im Büro, ich wäre mit dem Lift in die Redaktion gefahren! Völliger Blödsinn! Außerdem werde ich seither öfter gefragt, ob ich mittags Semmeln & Co. besorgen GEHEN kann. Nicht, weil es meinen Kollegen um die Jause geht - sagen sie - sondern, damit ich auf meine 8000 Schritte komme. Wie fürsorglich! :-)

Sauber!

Ich wollte es nicht glauben, aber es macht einen gewaltigen Unterschied, ob man seine täglichen Schritte mit einer Handy-App zählt oder einem "richtigen Schrittzähler". Nachdem sich meine Mama meine Jammerei, Herumschätzerei und Ich-habe-mein-Handy-nicht-dabei-gehabt-Ausrederei nicht mehr anhören konnte (entschuldige bitte an dieser Stelle!), ist sie vor ein paar Tagen freudestrahlend vor mir gestanden. In der Hand hatte sie ein kleines Packerl.

Darin befand sich ein kleiner Schrittzähler! Allerdings keine Uhr oder Armband, wie man es von vielen kennt, sondern so ein kleiner Clips. Obwohl ich anfangs ein wenig skeptisch war ("da kann ich ja gleich mein Handy einstecken"), bin ich inzwischen mehr als überzeugt von dem Teil. Unbemerkt steckt er in meiner Hosentasche oder hängt an meinem Pulli (oder vielleicht demnächst an einem Hundehalsband? ;-)) Seither ist der Tracker mein ständiger Begleiter und überrascht mich jeden Tag aufs Neue.

Mein neuer Tracker hängt nicht nur an mir, er verfolgt mich auf Schritt und Tritt
Mein neuer Tracker hängt nicht nur an mir, er verfolgt mich auf Schritt und Tritt © Klz/Kerstin Oberlechner

So musste ich überraschenderweise und völlig unvorbereitet feststellen, dass man alleine beim Putzen der Wohnung einen beachtliche Strecke zurücklegt: 1,2 Kilometer waren es bei mir neulich. Das entspricht 1767 Schritten. Schritte, die ich ohne den braven Zähler "verschenkt" hätte. Denn: Wer hat denn schon sein Handy beim Putzen in der Hand? Also ich nicht...

Woche zwei:

Tragende Rolle

Während das Herumhatschen (ja in Kärnten sagt man das so) ziemlich nervig ist, haut es inzwischen mit dem Nicht-Liftfahren recht gut hin. Vor ein paar Tagen habe ich mir einen Couchtisch gekauft. Voller Vorfreude habe ich ihn ausgeladen, bis ich im Stiegenhaus realisiert habe, dass das unglaublich schwere Teil in den vierten Stock muss. Hinauftragen? Unmöglich. Also habe ich den Tisch in den Lift gezerrt und ihn nach oben fahren lassen, während ich die Treppen hinaufgekeucht bin. Zu meiner Überraschung war ich sogar vor ihm da. Aber nicht, weil ich so flott bin. Nein, er musste ja unbedingt noch im ersten und dritten Stock haltmachen ...

Reine Nervensache

Zu Fuß gehen ist lustig, zu Fuß gehen macht Spaß. Mein tägliches Mantra ;-) Scherz beiseite. 8000 Schritte täglich sind kein Klacks. Das war mir vor dem Fasten-Experiment wohl bekannt, aber nicht wirklich bewusst. Noch viel schlimmer ist, dass ich erst jetzt bemerkt habe, wie viel ich herumsitze. Ich habe mir die Mühe gemacht, die Daten meines Schrittzählers am Smartphone (ja, ich habe mir noch immer keinen Tracker fürs Handgelenk angeschafft) durchzuschauen.

Und ich war echt baff: In den vergangenen Monaten bin ich an Arbeitstagen (!) kaum mehr als 3000 Schritte gegangen (zugegeben, ich trage mein Handy nicht überallhin mit). Nur logisch, warum mir diese Herumhatscherei teilweise so auf die Nerven geht. Ja, genau. Es nervt! Besonders dann, wenn ich nach einem langen Tag in der Redaktion eh schon nach Hause GEHE und mein Handy nur 5500 Schritte anzeigt, ich aber zu kaputt bin, um noch einen halbstündigen Spaziergang zu machen.

Ich muss zugeben, an solchen Tagen hat mein innerer Schweinehund leichtes Spiel. Das eine oder andere Mal hat er mir eingeredet, es bei den 5500 offiziellen Schritten zu belassen und dafür öfters zum Kühlschrank zu gehen. Immerhin. Drei Mal habe ich vor der 8000er-Marke w. o. gegeben – ich gestehe und gelobe Besserung.