Kinder erziehen in Zeiten von WhatsApp und Facebook wird oft zur Gratwanderung. Was soll erlaubt werden, was nicht? Und was bewirken Computerspiele im Gehirn eines Teenagers? Sollen Eltern strafen oder auf Sanktionen völlig verzichten? Fragen über Fragen, auf die es je nach Experte unterschiedlichste Antworten gibt. „Kinder müssen heute viel zu früh Bereiche bespielen, für die sie noch nicht kompetent genug sind. Das ist nicht selbstwertfördernd, sondern überfordernd. Diese Kinder betteln oft um Grenzen, weil sie keine altersadäquaten Grenzen gesetzt bekommen“, warnt die Psychotherapeutin Martina Leibovici-Mühlberger im soeben erschienenen Magazin „Erzieht uns, aber bitte richtig“ mit den besten Interviews und Analysen aus der Kleinen Zeitung. Sie fordert Eltern auf, „ihre Rollen einzunehmen“ und Kinder nicht zu früh in Entscheidungsprozesse einzubeziehen. Kinder würden heute oft auch bereits gefragt, wohin der Urlaub gehen solle, selbst wenn sie die Landkarte noch gar nicht kennen.

Vor einem zu großen Förderwahn warnt wiederum Hirnforscher Gerald Hüther. Die Bereitschaft, alles perfekt und als Höchstleistung zu bestreiten, sei in Kindern angelegt, ist Hüther überzeugt. Sie gehe aber verloren, wenn man Kindern dauernd sage, was sie zu leisten hätten. Auf die Frage, was gute Elternschaft auszeichne, antwortet Hüther in „Erzieht uns, aber bitte richtig“: „Was gute Eltern auszeichnet, ist, dass sie eine Haltung gegenüber ihrem Kind haben, die ihm das Gefühl vermittelt, dass es bedingungslos geliebt wird. Und bedingungslose Liebe heißt, dass das Kind in seiner Subjekthaftigkeit angenommen wird. Das fällt uns gegenwärtig sehr schwer.“ Eltern, sagt er, würden zu oft die Ideale des Wirtschaftslebens übernehmen und glauben, Kinder würden keine Leistung vollbringen, wenn man sie nicht antreibe. „Erziehung ist keine Dressur“, warnt Hüther.

Wesentlich sei, dem Kind zu helfen, eine Struktur für seinen Alltag zu entwickeln und sich nicht in Tätigkeiten zu verlieren, von denen Eltern wissen, dass sie nicht günstig seien. Eltern müssten aber den Kindern erklären, warum sie etwas nicht machen sollen. „Das sind keine Dressurmaßnahmen wie im Zirkus, sondern Regeln, an die sich alle halten“, betont Hüther. Wesentlich ist aber auch, richtig zu loben. Aufmunternde Worte sind, betonen Erziehungswissenschaftler, Schmiermittel einer funktionierenden Eltern-Kind-Beziehung.

Vom Babyalter bis zur Pubertät

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