Weiß bepinselte Schiffe, die über türkisblaue Wasserflächen gleiten, sich vorbei an Traumstränden oder Fjorden durch die klare Luft schieben: Solche Bilder sind es, die immer mehr Menschen dazu bewegen, ihren Urlaub auf einem Kreuzfahrtschiff zu begehen. Die Branche boomt und freut sich im Jahrestakt über neue Zuwächse – heuer auf bis zu 26 Millionen Passagiere. Doch sie ist auch mitverantwortlich dafür, dass viele der lockenden Naturschätze in Gefahr geraten.

Rund 90.000 Schiffe sind weltweit unterwegs, die meisten davon Frachtschiffe, die zusammen mehr als neun Zehntel des gesamten Welthandels abwickeln. An sich weisen die Tanker und Containerschiffe keine schlechte Treibhausgasbilanz auf. Waren und Menschen über Flüsse und Meere zu transportieren, ist pro Kilometer effizienter, als sie auf dem Land- oder gar Luftweg zu befördern. Knapp eine Milliarde Tonnen CO2 jährlich, fast drei Prozent des gesamten weltweiten Ausstoßes, gehen auf das Konto der Schiffe. Doch das klimawirksame Kohlendioxid ist noch das kleinere Problem. Es sind die unfassbaren Mengen an Schadstoffen wie Schwefeldioxid, Stickoxiden und Feinstäuben, die den Ozeanriesen zunehmend Gegenwind bescheren.

Der Grund dafür liegt am verwendeten Treibstoff. Die großen Schiffe tanken fast ausschließlich günstiges Schweröl, ein Rest der Mineralölerzeugung, der eigentlich als Sondermüll entsorgt werden müsste – wären da nicht die Schiffsmotoren, die das klumpige, schwermetallhaltige Rückstandsöl verbrennen können. Das Resultat sind giftige Rauchsäulen, die weithin sichtbar aus den Schiffsschornsteinen aufsteigen. Auch die mehr als 500 Kreuzfahrtschiffe, die mit einem Energieverbrauch von Kleinstädten die Weltmeere und Flüsse durchfahren, sind da keine Ausnahme. „Sie wirken sich sogar schlimmer aus“, sagt Daniel Rieger vom deutschen Naturschutzbund, der seit Jahren sauberere Schiffsmotoren fordert. „Während ein Containerschiff im Hafen seine Motoren abstellt, laufen jene der Kreuzfahrtschiffe auf halber Kraft weiter, weil sie den Bordbetrieb aufrechterhalten müssen. Das wirkt dann wie ein ungefiltertes Kraftwerk direkt vor der Stadt.“

Denn die Schiffsmotoren verfügen in der Regel über keinerlei Filter- und Entschwefelungssysteme oder Katalysatoren. Alles, was in Sachen Abgasreinigung bei Kraftwerken oder Fahrzeugen an Land seit Jahrzehnten selbstverständlich ist, hat die Seefahrt nie umgesetzt. Zwar würde es an technischen Lösungen nicht mangeln, doch wie schon bei der Wahl des Treibstoffs genießt das Kostenargument Vorrang. Die Regeln macht die internationale Schifffahrtsorganisation IMO, in der vor allem die Reedereien am Ruder sind. Vor zwei Jahren gelang es ihnen, den Seefahrtssektor (wie auch die Luftfahrt) aus den Pariser Klimaverpflichtungen herauszuverhandeln.

So kommt es, dass drei bis fünf große Ozeandampfer pro Jahr gleich viel Schwefeldioxid ausstoßen wie sämtliche Pkw dieses Planeten zusammen. Der Schwefelanteil im Schiffstreibstoff darf bis zu 3500 Mal höher liegen als im europäischen Straßenverkehr; selbst in Emissionskontrollgebieten wie an der Nord- und Ostsee ist er hundert Mal so hoch. Der Schwefel begünstigt sauren Regen und greift die Gesundheit an. Hinzu kommen Stickoxide, die Böden übersäuern, und krebserregende Rußpartikel. „Diese Abgase ziehen bis zu 400 Kilometer ins Landesinnere und richten dort Schäden an. Es ist höchste Zeit, dass auch Schiffe auf Diesel umstellen und Abgasreinigungen bekommen“, sagt Rieger.

Moderne Kreuzfahrthäfen stellen den Schiffen inzwischen Landstromanschlüsse zur Verfügung, um Abgase zu vermeiden. Genutzt werden sie aber kaum, Verpflichtungen gibt es nicht. „In Hamburg ist der neue Anschluss im Vorjahr ganze zwei Mal verwendet worden“, sagt Rieger. Der Grund ist auch hier die Kostenersparnis. Der Strom, der aus den laufenden Schiffsmotoren kommt, kostet aufgrund des billigen Schweröls einen Bruchteil.

Inzwischen haben einige Reedereien sauberere Schiffe mit Abgasreinigung angekündigt. Umweltorganisationen drängen aber auf raschere Maßnahmen. Solche sind bislang nicht in Sicht.