Sie sind ein viel beschäftigter Mann - kaum sind die Dreharbeiten in Argentinien abgeschlossen, proben Sie hier in Berlin. Fühlen Sie sich fit genug dafür mit 65?
KLAUS MARIA BRANDAUER: Nun, wegdrücken kann man das erreichte Alter nicht, aber es tut nicht weh. Jedenfalls nicht so, dass ich es spüre. Aber ich weiß natürlich schon, wie alt ich bin.

Der Film "Tetro" mit Francis Ford Coppola ist abgedreht. Wie sind Sie zusammengekommen?
BRANDAUER: Ich war bei ihm von Anfang an vorgesehen, aber der Drehbeginn hat sich verzögert. Um ein Haar hätte es dann nicht geklappt. Aber mit Hilfe aller Beteiligten, vor allem des Berliner Ensembles, ging es sich noch aus.

Welche Rolle spielen Sie?
BRANDAUER: Es geht um die eingewanderte italienische Musikerfamilie Tetrocini. Ich bin ein weltberühmter Dirigent mit egozentrischem Gehabe, und da haben es die Kinder naturgemäß schwer. Ich habe das fertige Drehbuch vor Weihnachten gelesen und war begeistert. Die Geschichte kommt wie eine griechische Tragödie in heutiger Zeit daher.

Kannten Sie Coppola zuvor?
BRANDAUER: Es gab eine kurze Begegnung bei meinem Einstieg in den US-Film. Das war der James-Bond-Streifen "Sag niemals nie", der von seiner Schwester Talia Schwarzman mitproduziert wurde. Dass der Neueinstieg nun mit dem Herrn Bruder stattfindet, ist nicht uninteressant. Und hatte den Vorteil, dass gelegentlich eine Flasche amerikanischer Rotwein mit dem Namen "Director's Cut" auf meinem Zimmer stand. Bekanntlich hat Francis Ford Coppola ja auch ein riesiges Weingut. Es gab da außerdem noch eine hübsche Geschichte.

Nämlich?
BRANDAUER: Der Dirigent im Film hat auch einen älteren Bruder. Der steht immer in seinem Schatten, daher ist es ein spannungsgeladenes Verhältnis. Ich wurde gebeten: "Schau dich um. Vielleicht fällt dir einer ein, der dir ein bisschen ähnlich sieht." Ich dachte also nach. Auf einmal kam ein Anruf: "Weißt du, was? Am besten, den spielst du auch!" Das bedeutete in der Praxis, dass ich an manchen Tagen fünf Stunden in der Maske saß, um meinen 86-jährigen Bruder darzustellen.

Hatten Sie Zeit, Argentinien kennen zu lernen?
BRANDAUER: Gar keine, weil in Deutschland der "Zerbrochene Krug" wartete. Nur an einem Tag bin ich mit meiner Frau Natalie zu Fuß quer durch Buenos Aires spaziert. Mit dem Resultat, dass wir bald wieder hin wollen. Privat, ganz ohne Dreharbeiten.