Im Ausflugsbus auf die Remschnigg-Alm hinauf wird bitteschön Deutsch gesprochen. Das sei hier so üblich, erklären die beiden Fremdenführer. Um gleich darauf auszuholen zu einem historischen Exkurs über die Verdrängung des Slowenischen in der Grenzregion, damals, im späten 19. Jahrhundert, als die „liberale“ zur „deutschen Gesinnung“ mutierte und slowenische Messen nur noch in einer Bergkapelle gelesen werden durften – weil der Pfarrer in der Leutschacher Kirche ausschließlich deutsches Gotteslob hören wollte.

Doch weil der Ausflug ja an die Grenze führt, gibt’s für alle im Bus noch rasch ein paar nützliche slowenische Vokabeln: „Sprechen Sie Deutsch?“ – „Wo bin ich hier?“ – „Nicht schießen, bitte!“ und: „Ich bin kein Flüchtling!“

„Ni sem begunec!“, wiederholen alle brav im Bus, dann geht es auch schon zu Fuß weiter: „Willkommen in der Europaschutzzone“ heißt das Projekt, das Regine Dura und Hans-Werner-Kroesinger, zwei Spezialisten des dokumentarischen Theaters, für den steirischen herbst entwickelt haben: ein knapp dreistündiger Spaziergang an der österreichisch-slowenischen Grenze, an der es „nie einen Grenzzaun, nie eine Grenzmauer“ gegeben hat. Wer wohin gehört, wusste man schließlich auch so.

Alles historisch

Drei Schauspieler mit Warnwesten und Stirnlampe begleiten zwei parallel hüben und drüben der Grenzmarkierung wandernde Gruppen, treiben zur Eile, warnen vor Dunkelheit und Bluthunden. Der Alarmismus hat vor allem einen Zweck: den Wanderern vor Augen zu führen, wie komfortabel die eigene Existenz gelagert ist.

Auf dem Weg werden in kurzen Spielszenen die Absurditäten von Grenzverlauf und Zollgesetzen besprochen, werden Erinnerungen an Begegnungen mit Grenzern wachgerufen und Leberwurstbrote gereicht, einmal dürfen einander die Gruppen über einen Viehzaun hinweg die Hand zum Friedensgruß reichen.

Unter einem Wegkreuz wandelt sich eine scheinbar harmlos sentimentale Heimatbeschwörung nach und nach zur giftigen Suada gegen Flüchtlinge: Der Text ist einem Video der rechtsradikalen „Identitären“ entnommen. Nicht nur hier erweisen sich Dura und Kroesinger als Virtuosen der Unbehaglichkeit.

Am Ende sieht man auf einer Leinwand in einem Kuhstall „historische Filmaufnahmen“. Sie stammen aus dem Herbst 2015, zeigen das leere Zeltlager am Grenzübertritt Spielfeld, nach dem Abtransport aller Flüchtlinge, aus dem Off erzählen Anwohner und Helfer, wie sie die Krise erlebt haben. Fast wirkt das wirklich so, als sei das alles schon historisch; aber gerade hat man ja erlebt, wie die Geschichte in den Menschen immer weiter arbeitet.