Es ruckelt, zappelt und lärmt: Greifen Kreisky zu den Instrumenten, dann ist ein ungestümer Gestus Pflicht. Das ist auch auf "Blitz" so, dem mittlerweile fünften Album der Wiener Band. Dennoch ist hier nicht alles beim Alten, sondern hat sich das Quartett in neue Gefilde vorgewagt. "In unserem Kontext ist das die Popplatte", meint daher Sänger Franz Adrian Wenzl, was aber keine Drohung ist.

"Das wird jemand anders nicht so sehen", wirft er im Interview mit der Austria Presse Agentur entsprechend nach, "Chartspop klingt ja ganz anders." Mit Kaugummi-Sounds und weich gespülten Refrains haben die zehn Stücke folglich wenig zu tun, rockt doch etwa das "Brave Pferd" geradlinig nach vorne oder schunkelt es schräg bei den "Veteranen der vertanen Chance". Es war vielmehr die Herangehensweise der Musiker, die die Neuausrichtung mit sich brachte. "Wir haben den Modus umgestellt, wie wir arbeiten", erläutert Schlagzeuger Klaus Mitter. "Wir haben die Platte im Studio geschrieben und aufgenommen, einfach in verdichteten Zeiträumen."

"Blitz", das neue Album von Kreisky
"Blitz", das neue Album von Kreisky © Wohnzimmer Records

Ein Grund dafür waren auch persönliche Veränderungen. "Wir sind alle Familienväter geworden, das ändert schon einiges, auch von der Wertigkeit her", so Wenzl. Davon abgesehen sei man nach vier Alben nicht so unter Zugzwang gestanden, "dass wir unbedingt in zwei Jahren wieder etwas rausprügeln müssen. Das hat auch dem künstlerischen Wunsch entsprochen, etwas Direkteres und Poppigeres zu machen." Auf dem neuen Weg hat dann aber doch die Uhr getickt, wenngleich anders, als man vielleicht denkt. Das "Knackige" habe man nämlich erreicht, "indem wir uns zeitlich beschränkt haben", sagt Mitter.

"Letztlich ging es dann gar nicht so sehr um Arbeitsgeschwindigkeit, sondern um Entscheidungsgeschwindigkeit", pflichtet ihm der Sänger bei. "Das ist ein großer Unterschied und war nicht nur Zufall, sondern schon so geplant", ergänzt Mitter. Die üblichen Sounds abzuliefern, sei ohnehin nicht zur Debatte gestanden. "Von daher war klar, was wir nicht wollten, auch aus der eigenen Geschichte heraus. Und dann merkst du schnell, dass eine Entscheidung beim Klang wieder den Song beeinflusst, das war zeitlich ein ganz kurzes Feedback. Es ging Kreis um und dann schon ans Aufnehmen."

Dabei hat sich die Gruppe allerlei Werkzeuge bedient. "Es ist wichtig, dass du mehrere hast. Da kann man natürlich Sachen gegeneinander ausspielen - nicht nur Lautstärke oder anderes, sondern Symboliken, die in der Musik drinnen sind", erläutert Wenzl. "Sei es ein Rhythmus oder ein Sound, den man mit einer gewissen Zeit identifiziert. Oder eine Gitarre, die einen Ausdruck hat, der dem zuwiderläuft, was im Text passiert." Wobei den Musikern die Songs nach eigener Aussage leicht von der Hand gingen, was nicht zuletzt am Studio knapp außerhalb Wiens lag. "Es hat sich dort angefühlt wie Urlaub, aber wir konnten trotzdem im eigenen Bett schlafen. Wien jenseits der Donau ist für so Innenstadtmenschen wie uns ja einfach eine ganz andere Welt", schmunzelt Mitter.

Dort wurden die Songs auch nicht auf Teufel komm raus be- und überarbeitet, sondern suchte man den direkten Zugang. "Es ist klass', dass auch mal grobe Sachen stehenbleiben durften. Wie beim Bildhauer, der die Madonna nicht ganz fein ausziseliert, sondern ein Eck stehen lässt", bemüht Wenzl einen Vergleich. "So sind auch manche Nummern grober gearbeitet. Dass sich die Lieder gegenseitig abholen, ist dann die Chance von so einer Kürze." Immerhin erreicht die Platte in etwas mehr als einer halben Stunde ihr Ziel, macht damit aber sofort Lust auf den wiederholten Hörgenuss.

Und natürlich spielen wie üblich die Texte eine gewichte Rolle im Kreisky-Universum. Geworden ist die Platte schließlich auch "eine Reaktion auf unsere Zeit", so Wenzl. "Eine unserer Ausdrucksweisen sind die Charaktere in den Songs, die gegen irgendetwas schimpfen. Wütende Menschen finde ich grundsätzlich interessant. Mittlerweile hat sich der Wutbürger aber so verselbstständigt, ist zum Medienphänomen geworden, dann zum Wähler in Deutschland, Österreich und dann zum Präsidenten in Amerika. Also habe ich das Gefühl gehabt, wir müssen darauf reagieren."

"Blitz" sei deshalb aber nicht politisch, beeilt sich Mitter klarzustellen. "Wir sind nicht U2. Da wacht bei Bono die Eigenverantwortung auf, und er muss wegen Trump die halbe Platte umschreiben. So einen Bullshit machen wir nicht." Text und Musik gingen sowieso Hand in Hand, weshalb man da nicht so einfach etwas austauschen könne. "Es interessiert niemanden, was Bono politisch zu sagen hat. Warum sollte das bei uns anders sein?" Reichlich Interesse gab es bisher an "Viel Gut Essen", dem Sibylle-Berg-Stück, mit dem Kreisky im Wiener Rabenhof Theater reüssieren konnte. Es war auch gewissermaßen die Feuertaufe für Helmuth "Lelo" Brossmann, der am Bass Gregor Tischberger ersetzt. Mit ihm sowie Gitarrist Martin Max Offenhuber geht es ab 12. April dann in klassischer Bandmanier durch die Lande. Dieser "Blitz" will schließlich auch live präsentiert werden.