Eines vorweg: Das Publikum in der Grazer Stadthalle war am Samstag neben Weltstar Bryan Adams der große Pluspunkt dieses Konzertes. Mitsing-Chöre ab dem ersten Song, immer wieder Lichtermeere (neben den längst üblichen Handy-Lichtern waren sogar Old-School-Feuerzeuge zu sehen) und eine unglaubliche Textsicherheit haben auch den Kanadier wiederholt zu einem begeisterten "Dankeschön" animiert.

Knapp 8000 Fans erlebten die "Get Up!"-Show in der Stadthalle
Knapp 8000 Fans erlebten die "Get Up!"-Show in der Stadthalle © Juergen Fuchs

Zwischen Bozen und Brünn legte Bryan Adams auf seiner "Get Up"-Tournee endlich wieder einmal Station in Graz ein. Er weiß, dass seine Fans für ein Best-of-Programm kommen, daher standen bloß fünf Nummern aus dem aktuellen Studioalbum "Get Up" (veröffentlicht im Herbst 2016, erreichte immerhin Platz vier in den österreichischen Album-Charts) auf der Setlist: "Go Down Rockin'", "You Belong To Me", "Don't Even Try", "Brand New Day" sowie "Do What Ya Gotta Do", mit dem der Abend kurz vor 20.30 Uhr endlich eröffnet wurde. Knapp 8000 Fans hatten für die Stadthalle, die diesmal einen wunderbar ausbalancierten Sound bot, ein Ticket gelöst. Seit dem Vormittag hatten sich rund 15 Fanclub-Mitglieder (u. a. aus den Niederlanden, Großbritannien, Spanien, USA und Kanada) angestellt, um dann einen Stehplatz direkt vor der Rampe zu haben.

Was Adams in der Stadthalle ablieferte, daran gibt es nichts zu mäkeln, wenngleich der Hitreigen vor allem zu Beginn etwas zu maschinell vom Stapel gelassen wurde. Und auch soundtechnisch musste sich der Kanadier erst warmspielen, aber ab dem dritten Song lief alles wie am Schnürchen.

Das Konzert geriet zu einem hochemotionalen Mainstream-Hochamt. Eine runde Sache ohne Ecken und Kanten - aber die hat ohnehin niemand erwartet. Die Songs von Adams haben keine Widerhaken, sondern sind feine Gefälligkeiten, für die das Publikum seit Jahrzehnten dankbar ist.

Die komplett offene Bühne erlaubte ein tolle Sicht, im Vergleich zu U2 oder Robbie Williams reist Bryan Adams mit einer simplen Stage, die nur vom Licht und den Schwarz/Weiß-Projektionen im Hintergrund lebt - und natürlich von der Energie des Rockers und seiner erstklassigen Band, der nach wie vor Leadgitarrist Keith Scott aus Vancouver angehört. Das Stimmungsbarometer schoss beim vierten Song ("Run To You") in die Höhe. Und schon in der ersten halben Stunde war etwa bei "Heaven" (dafür wurde er Mitte der Achtziger als „Meister der radiotauglichen Rockballade“ tituliert) inbrünstiges Mitsingen angesagt. Den Ohrwurm "Summer of '69" hob er sich ebenfalls nicht für die Zugaben auf. "It's Only Love" wurde auch ohne Tina Turner frenetisch bejubelt. 1985 hatte ihn Tina im Vorprogramm (!) auf der Welttournee begleitet.
"Here I Am" und "When You're Gone" bot er in Akustik-Versionen. Was er bei den Zugaben (u. a. "Straight from the Heart") wiederholte. Das Publikum erlebte also einen schnörkellosen "Arbeiter", der sein Handwerk nach wie vor versteht. Und sogar lockerer denn je wirkt. Ein unterm Strich überraschungsfreier Abend vor tollem Publikum!

Die nächsten Stationen

Nach Brünn hat der Kanadier noch drei Auftritte in Israel, ehe es am 9. Dezember für mehrere Gigs nach Südafrika geht. Anfang 2018 stehen Neuseeland und Australien auf dem Tourplan. Keine schlechten Reiseziele also! Nebenbei muss Adams freilich an seinem neuesten Projekt arbeiten: "Pretty Woman" kommt nämlich mit seiner Hilfe an den Broadway.

Der beliebte Liebesfilm wird für die Musicalbühne adaptiert, für die Musik ist der 58-Jährige zuständig, der ja auch ein Schmuserocker sein kann.
Der Kassenhit von 1990 mit Julia Roberts und Richard Gere in den Hauptrollen handelt von der Prostituierten Vivian und Geschäftsmann Edward, der sich in Vivian verliebt. Der damalige Regisseur Garry Marshall wird auch das Musical inszenieren. Die Hauptrollen übernehmen Samantha Barks ("Les Misérables") und Tony-Award-Gewinner Steve Kazee. Das Musical soll nach einem Probelauf in Chicago im Herbst 2018 in New York am Broadway starten.
Fit bleibt er so: "Vegane Ernährung stärkt das Immunsystem. Seit ich mich vegan ernähre, war ich nicht mehr krank", verriet der Gitarrist, der seit 1989 nur noch rein pflanzliche Speisen isst. 

Nach fünf Zugaben, drei davon akustisch gehalten, verließ Adams mit einem breiten Lächeln die Bühne. Da erstrahlte die Halle noch einmal in einem Lichtermeer, und 8000 zufriedene Menschen traten inwendig gewärmt in die kalte Nacht. Obwohl einer seiner Songs "Cloud Number 9" heißt, fühlten sich die Fans nach diesem Abend wohl eher auf Wolke 7.

Bryan Adams bei "Do What Ya Gotta Do"
Bryan Adams bei "Do What Ya Gotta Do" © Juergen Fuchs