Er hat G’spritzte gegen Mischungen getauscht und Simmering gegen den Semmering (und noch weiter südlich): Der Nino aus Wien. Der wahrscheinlich gegenwärtig begnadetste Liedermacher des Landes mit einem Händchen für starke Melodien, hinreißende Sätze über das Scheitern, schmähgeladene Depressivität, ironische Sinnsuche und zärtlich gehauchte Schimpftiraden hat sich gemeinsam mit der Musikerin und Illustratorin Natalie Ofenböck die Steiermark vorgeknöpft.


Nach liedweisen Liebeserklärungen an Wien oder an die Adria standen bei der Recherche im Auftrag des steirischen herbsts abgelegenere und mitunter abgelebtere Orte zwischen Mariazell und Leutschach erforscht. „Unter dem Einfluss der steirischen Sonne“, sagt Nino zur Kleinen Zeitung bei einer Mischung im Heurigenschank Fedl in Allerheiligen bei Wildon, sei „Das grüne Album“ mit dem Untertitel „Wiener Reise durch die Steiermark“ entstanden.


Neben den 15 Songs, über deren Titel sich die eine oder andere Tourismusregion freuen wird („Vulkanland“, „Klapotetz“ oder „Bad Radkersburg“), kann man das demnächst erscheinende Werk aber auch häppchenweise als Reisetagebuch lesen. Denn es enthält Notizen, liebevolle Illustrationen von Ofenböck und den entzückenden Briefwechsel zwischen den beiden, der von ihren Erlebnissen bei Harmonikatreffen, Kirchenbesuchen, Grenzlandeinkaufszentrums-kaffeehäusern, Weinhügeleroberungen und Wirtshausabsackern erzählt. Und von Sterz, Ribiselschnitten, Lebkucheneis, Vogerlsalat, Hopfen oder Topfen. Extra gedankt wird am Ende des Buches auch für „alle Brettljausen“.

Geerdet


„Wüst a Haxerl oder wüst a Schmatzerl / oda wüst a Schnapserl oder zwa / Wüst a Rüscherl oder bist schon müde / Wüst a Schnitzerl oder wüst a Pizza“, heißt es zum Beispiel charmant im Song „Wüst wos“.

Die Nummern sind mitsingtaugliche künstlerische Kollaborationen zwischen den Instrumenten und den Musikstilen, zwischen Volksmusik, Wienerlied, Folk, Pop, Kinderlied. Es sind aber auch Begegnungen zwischen den Welten – zwischen Großstadt und Land, zwischen U-Bahn und hilflosen Autonavis, zwischen Alkohol, ausgeschenkt in Achterln oder Literkrügen.
Auf stämmigen steirischen Gasthaustischen finden sich halt noch einsame Maggiflascherl im Angebot. Ein Kontrastprogramm zu hippen Bistros im zweiten Wiener Gemeindebezirk. Das Duo beschreibt das Ergebnis des Roadtrips so: „Bezaubert von der traditionellen steirischen Volksmusik und geerdet vom Wiener Rock ’n’ Roll.“

Antwort auf Gabalier


Angetan haben es Nino Mandl, wie der Musiker mit bürgerlichem Namen heißt, die Instrumente, die sie bei Harmonikatreffen, diversen Gschnas oder Musikerstammtischen kennengelernt und erforscht haben. „Ich bin ein bisschen verliebt in die steirische Harmonika“, bekennt der 29-jährige Musiker. Nachsatz: Und die Tuba. Diese Instrumente hätten eine „irrsinnige Kraft“. Mit den Jungmusikern Johannes Kölbl (steirische Harmonika) und Tobias Weiß (Tuba) wurde die Band erweitert, abgemischt hat das Album der in Wien lebende Steirer und Noiserock-Tausendsassa Wolfgang Möstl.
Ein Neuland sei die Steiermark für den Nino nicht gewesen, denn seit seinem 15. Lebensjahr hätte er Urlaub in Rettenegg gemacht. Auch nicht unbedingt die geschäftigste Gegend.

Eine Tour durch Buschenschanken


Spannende Begegnungen stehen auch bei einer Mini-Tournee (siehe links) ab 30. September auf dem Programm. Stadtpflanzen entern dann, wenn ihr Navi sie findet, Buschenschanken. Und der Wein wird garantiert nicht achterlweise ausgeschenkt. „Vielleicht können wir dem Gabalier ja zeigen, wie Volks-Rock’n’Roll wirklich ausschaut“, sagt Mandl. Und die Verschmitztheit um seinen Mund macht Vorfreude.