In der Regel handelt es sich bei diesen Medienkooperationen um Inserate. Der Medienexperte Andy Kaltenbrunner hat untersucht, wie es Regierungsmitglieder 2018 und 2019 damit gehalten haben. Ergebnis: Nach „unklaren Kriterien“ haben sie allein in den 14 Tageszeitungen des Landes Inserate um 31 Millionen Euro geschaltet; wobei der Löwenanteil an Wiener Boulevardmedien geflossen ist. Von Jänner 2018 bis Mitte 2019 ist die Bundesregierung von ÖVP und FPÖ gebildet und von Kanzler Sebastian Kurz und Vize Heinz-Christian Strache geführt worden. „Sparen im System“ war angesagt. Im letzten Quartal des ersten Jahres der türkis-blauen Zusammenarbeit gab es laut Kaltenbrunner freilich die „historisch höchsten Budgets für Medienkooperationen“.

Später, nach Beendigung der Koalition wegen der Ibiza-Affäre, ging’s ins andere Extrem: Das Expertenkabinett von Brigitte Bierlein habe die Budgets auf einen Bruchteil zusammengestutzt, zahlreiche Ressorts hätten gar keine Werbeausgaben mehr getätigt.Emanzipation, eigene Storys, Features - journalistische Emanzipation. 
Am meisten Steuergeld wurde 2018 und 2019 vom Finanzminister für Inserate in Tageszeitungen aufgewendet: Von den insgesamt 30,98 Millionen Euro kam mit 10,35 Millionen Euro genau ein Drittel von ihm. Aus dem Bundeskanzleramt flossen 4,46 Millionen Euro. Am wenigsten, nämlich gar nichts, kam aus dem Justizministerium; dieses Ressort ist in solchen Belangen traditionell zurückhaltend.

Alles in allem entfielen mehr als 20,84 Millionen Euro oder 67 Prozent aller Regierungsausgaben für Inserate auf „Krone“ sowie die Gratisblätter  „Heute“ und „Österreich“. Ein Fünftel ging an die sieben Bundesländerzeitungen, gut ein Zehntel an „Standard“ und „Presse“, so die Studie, die den bezeichnenden Titel „Scheinbar Transparent“ trägt und von Oberösterreichischen Nachrichten, Salzburger Nachrichten, Tiroler Tageszeitung und Vorarlberger Nachrichten mitfinanziert worden ist.

Pro Zeitungsleser gab die Regierung in Ostösterreich 3,34 Euro aus, im Westen 2,38 und im Süden mit Kärnten und der Steiermark 1,95 Euro.
Regierungsinserate können eine wichtige Informationsfunktion haben. In Wirklichkeit würden sie jedoch eher der Förderung ostösterreichischer Boulevard- und Gratiszeitungen dienen, so Medienforscher Andy Kaltenbrunner. Hier der 58-Jährige im Wortlaut:

Regierungsinserate können eine wichtige Informationsfunktion haben. Man denke nur an die Coronakrise. Handelt es sich anderseits aber auch um eine Medienförderung, die willkürlich vergeben wird? 
ANDY KALTENBRUNNER: Beides trifft zu. Natürlich ist es sinnvoll, die Bevölkerung zu informieren. Die Coronakrise ist ein gutes Beispiel dafür. Dabei müsste aber auch klar sein, dass jeder Bürger dieselbe Chance hat, erreicht zu werden und nicht die Leser einer Zeitung gegenüber anderen bevorzugt werden. Hier gibt es Ungerechtigkeiten. Unsere Studie zeigt, dass eine wesentliche Bevorzugung von ostösterreichischen Boulevard- und Gratiszeitungen und damit auch ihrer Leser besteht. 

Ist das eine medienpolitische Unkultur?
KALTENBRUNNER: Ja, eine Unkultur, die nicht erst von dieser oder der vergangenen Regierung erfunden worden ist, sondern die seit vielen Jahren praktiziert wird. Wobei das Problem vor allem darin besteht, dass Inserate intransparent und ohne Zielsetzungen, nach individuellen politischen Sympathien hinter dem Vorhang vergeben werden. In der Privatwirtschaft ist es selbstverständlich, klarzustellen, was mit einer Kampagne erreicht werden soll; nur so wird plausibel, warum sie wie über welche Medien läuft. In der Politik ist das anders. 

Um beim Corona-Beispiel zu bleiben: Wenn die Regierung in eigenen Inseraten über Hilfsmaßnahmen informiert, müsste sie das vom Boden- bis zum Neusiedlersee gleichermaßen tun?
KALTENBRUNNER: Natürlich. Genau hier bestehen in der Praxis aber sehr große Unterschiede, die nicht logisch sind. Warum wird im Süden oder Westen viel weniger informiert als in Ostösterreich? Die Antwort ist ganz offensichtlich, dass die dortigen Medien stärker gefördert werden sollen. 

Steckt Absicht dahinter, dass die Transparenzdatenbank, über die die Ausgaben für Inserate veröffentlicht werden, alles andere als benutzerfreundlich ist?
KALTENBRUNNER: Auf Basis der Forschungsergebnisse unterstelle ich, dass Transparenz im Titel steht, aber nie ein Ziel war. Es ist wenig Information und die auch nur befristet auf zwei Jahre abrufbar. Damit bleibt der Regierung die Möglichkeit, sehr freihändig zu agieren. Ein Laie braucht 100 Stunden, um zu den gewünschten Informationen zu gelangen und dann noch Detailkenntnis des Marktes, um das inhaltlich einordnen zu können. Das ist unzumutbar. 

Deutschland ist bei Regierungsinseraten viel zurückhaltender.
KALTENBRUNNER: Gemessen an der Bevölkerung wird dort nur ein Neuntel für Regierungsinserate ausgegeben. Außerdem hat das Bundesverfassungsgericht dort schon in den 1970er Jahren der Unsitte einen Riegel vorgeschoben, dass Kanzler und Minister vor Wahlen unter Einsatz von Steuergeldern mehr inserieren lassen, um sich als Einzelpolitiker und Parteien stärker bemerkbar zu machen. In Österreich ist in den Inseratenausgaben eben auch eine verdeckte allgemeine Printmedienförderung mitverpackt. Diese aber braucht gescheite, faire Kriterien. 

Und wie ist das in anderen Ländern? 
KALTENBRUNNER: Bei Regierungsinseraten liegt Österreich hoch. In Skandinavien gab es traditionell höhere Förderbudgets für Pressevielfalt und Journalismus. Für einen seriösen internationalen Vergleich sind aber viele Förderungen, Subventionen, Steuerbegünstigungen und Strukturhilfen einzubeziehen. Das fällt für Österreich schwer, weil gerade bei uns sehr schlampige Mischformen existieren und zu viele widersinnig getrennte Fördertöpfe für Medien.