Der ORF-Stiftungsrat hat zum ersten Mal nach der Nationalratswahl getagt. Zwar nicht auf der Tagesordnung, aber dennoch Thema der Sitzung am Donnerstag waren die derzeit laufenden Regierungsverhandlungen zwischen der ÖVP und der FPÖ. Der Leiter der SPÖ-Fraktion im Stiftungsrat, Heinz Lederer, erklärte in einer Sitzungspause, der freiheitliche Stiftungsrat Norbert Steger verfolge moderate Pläne.

Steger, der für die FPÖ auch das Medienkapitel mit der ÖVP verhandelt, habe im höchsten ORF-Gremium eine moderate Einschätzung gegeben, meinte Lederer. Es störe ihn persönlich auch nicht, so Lederer, dass ein Stiftungsratsmitglied in die Koalitionsverhandlungen eingebunden ist. Er vertrete da wie dort eine inhaltliche Position und könne, da es ihm um den Medienstandort gehe, auf extremere Kräfte in der FPÖ einwirken.

Wie Lederer vor Journalisten ausführte, werde dem ORF auch weiterhin ein hoher Stellenwert zukommen. Steger habe klar und moderat dargestellt, dass es nicht um einen Kahlschlag im ORF gehe, sondern um eine Evaluierung der Gremien. Es habe auch keine Attacke gegen ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz gegeben, so Lederer. Steger selbst hat sich gegenüber den Journalisten zunächst nicht zum Inhalt der Stiftungsratssitzung geäußert.

Auch die Grüne Vertreterin, Marie Ringler, sprach von einer "konstruktiven, nicht angriffigen Diskussion", die Prinzipien des öffentlich-rechtlichen Rundfunks seien für alle von zentraler Bedeutung gewesen, für sie sei damit aber auch die Unabhängigkeit der Redaktionen verbunden. Ringler, die nach dem Ausscheiden der Grünen aus dem Nationalrat spätestens im Mai 2018 ihren Platz im Stiftungsrat räumen muss, fällt der Abschied nicht allzu schwer. "Ich halte es mit Pink Panther: Heute ist nicht alle Tage, ich komm wieder, keine Frage!"

Die Regierungsverhandlungen nicht kommentieren wollte der ÖVP-Vertreter Thomas Zach. Er werde sich erst mit den Ergebnissen der Verhandlungen beschäftigen. Bis dahin beschäftigt ihn der Umbau des ORF-Zentrums am Wiener Küniglberg. Dieser ist am Nachmittag ebenso Thema wie die Reform von ORFeins, der Verlust der Bundesliga-Rechte und das Budget 2018. Beschlüsse standen nicht auf der Tagesordnung.

"Wir haben nicht 300 Millionen Euro genehmigt für ein Projekt, das unter dem Titel Sanierung läuft", erklärte Zach am Rande der Sitzung vor Journalisten. Die Grundidee sei die Bündelung der Trimedialität an einem Standort gewesen. Jetzt brauche man ein Konzept, "möglicherweise einen Plan B, um dieses Ziel sicherzustellen", so Zach. Für ihn seien "unten bleiben" und Ö1 "darf nicht getrennt" werden, zwei verschiedene Varianten, sagte Zach zur Debatte um das ORF-Funkhaus.

Zach plädierte auch für mehr Programm aus den Landestudios. Regionaler Content komme gut an, verwies Zach etwa auf das Format "Neun Plätze, neun Schätze". In puncto Budget mahnte er, nicht auf die Technik zu vergessen: Der ORF stecke teilweise noch in einer "Zeitschleife der 80er-Jahre" fest und laufe Gefahr als "Dinosaurier" durchs 21. Jahrhundert zu laufen.

Der Finanz- und Stellenplan für 2018 wurde bereits vergangene Woche an die Mitglieder des obersten Aufsichtsgremium verschickt. Beschlossen wird er aber erst bei der Sitzung am 21. Dezember. Die ORF-Geschäftsführung peilt mit Sparmaßnahmen für 2018 - so wie für heuer - ein ausgeglichenes Budget an.