Jan Hinrik-Schmidt ist ein höflicher Mensch. Das ist der große Unterschied zwischen ihm und den Menschen, die er studiert, die sich aber so ungern studieren lassen. Der Medienforscher vom Hans-Bredow-Institut in Hamburg beschäftigt sich mit Trollen, die sich im Internet tummeln und mit Vorliebe pöbeln, beleidigen und provozieren. Wer steckt hinter der großen Klappe?

Warum heißen die Pöbler im Internet Trolle?
Es gibt verschiedene Erklärungen dafür. Eine, die ich für ganz schlüssig halte, lautet: Das nordische Wort Troll bezeichnete einen Riesen oder Dämonen. Trolle kommen in alten skandinavischen Geschichten vor, sind furchtbar streitsüchtig, verhalten sich gesellschaftsfeindlich und machen Reisenden das Leben schwer. Das alles stimmt auch für die Trolle im Netz.


Woran erkennt man einen Troll?
Sie wollen stören. Das ist ihr Hauptmerkmal. Trolle kommunizieren nicht verständigungsorientiert, sondern haben das Verhindern von Kommunikation zum Ziel. Das kann verschiedene Motivationen haben: Manche haben eine spielerische Lust daran, andere zu provozieren. Andere verfolgen eine bestimmte politische Agenda. Die sagen: „Ich geh jetzt ins Forum der Gegenseite, versuch’ die Leute dort aufzustacheln und dafür zu sorgen, dass die sich nicht mehr richtig austauschen können. Manche verdienen Geld damit. Wer aus freien Stücken trollt und wer dafür bezahlt wird, ist auf den ersten Blick nicht zu erkennen. Was beobachten lediglich, dass jemand etwas schreibt, was nicht der Wahrheit entspricht und provoziert. Und das wird in manchen politischen Debatten strategisch eingesetzt.

Medienforscher Jan Hinrik-Schmidt vom Hans-Bredow-Institut in Hamburg
Medienforscher Jan Hinrik-Schmidt vom Hans-Bredow-Institut in Hamburg © KK


Was unterscheidet berechtigte Kritik vom Trollen?
Gute Frage. Schließlich muss man nicht alles toll finden, was im Internet so geschrieben steht. Das Entscheidende ist, ob Verständigungsorientierung hinter der Kommunikation steht oder nicht. Wenn eine Person daran interessiert ist, andere Leute von ihrer Meinung zu überzeugen – auch wenn sie dies auf polemische Art und Weise versucht – wenn es im Kern aber um Austausch geht, dann ist es aus meiner Sicht kein Troll.


Welches Ziel verfolgen Trolle?
Sie wollen, dass das Gewässer kippt, in dem sie schwimmen. Wenn man sich Kommunikationsforen anschaut, reicht es oft schon, wenn einige wenige Trolle mit Wortmeldungen Diskussionsforen stören. Das bewirkt, dass sich andere gar nicht mehr zu Wort melden, weil sie das Gefühl haben: „Was ist denn hier los? Hier wird ja ganz komisch geredet. Wenn ich mich hier einbringe, verschwende ich nur Zeit.“ Und auf einmal, zack, ist die Debatte abgewürgt, obwohl vielleicht andere Interesse da

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Anna Schiester hat erlebt, was in Shitstorm anrichten kann © SN/Hilz