Die deutsche "Bild"-Zeitung hat beim Landgericht Köln eine Klage gegen "Focus Online" eingereicht. Das Online-Medium schreibe systematisch exklusive Bezahlinhalte von "Bild plus" ab und mache sie zum Teil des eigenen auf Reichweite zielenden Geschäftsmodells, teilte die "Bild" am Dienstag mit.

Das sei eine gezielte Behinderung des Geschäftsmodells eines Wettbewerbers und verletze außerdem das Datenbankrecht nach Paragraf 87 des deutsche Urheberrechtsgesetzes. Danach hat nur der Datenbankhersteller das Recht, die Inhalte einer Datenbank komplett oder zu einem wesentlichen Teil zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich wiederzugeben.

Ein Sprecher von Hubert Burda Media sagte auf Anfrage, die Klage gegen "Focus Online" liege in München noch nicht vor. Daher könne man sich noch nicht dazu äußern. Ein Sprecher des Landgerichts Köln bestätigte, eine entsprechende Klage (Az.: 14 O5/17) der Axel Springer SE sei am 12. Jänner eingegangen. Es handle sich um eine "sehr umfangreiche Klageschrift". Das Urteil könnte sich auf die gesamte Branche auswirken. Viele Medien versuchen angesichts sinkender Auflage und fallender Werbeumsätze, mit journalistischem Inhalt im Internet Geld zu verdienen.

Wer "Bild+"-Artikel lesen möchte, muss bezahlen
Wer "Bild+"-Artikel lesen möchte, muss bezahlen © KK

Bei diesem sogenannten paid content gilt Springer als Vorreiter. Konzernchef Mathias Döpfner setzt immer stärker auf das Digitalgeschäft und will Nutzer möglichst zur Kasse bitten.

Nun sieht Springer dieses Geschäftsmodell in Gefahr. Mit der Klage wende man sich dagegen, "dass 'Focus Online' systematisch exklusive Bezahlinhalte von Bild-Plus abschreibt und zum Teil des eigenen Geschäftsmodells macht", das vor allem an Reichweite orientiert sei.

Springer hat nach eigenen Angaben über mehrere Monate Artikel aus dem Bezahlangebot von "Bild" (Bild Plus) mit Berichten auf der Webseite des Münchner Magazins verglichen. "Leider mussten wir dann feststellen, dass 'Focus Online' systematisch vorgeht und unsere exklusiven Geschichten stiehlt und verwertet", sagte Julian Reichelt, Chefredakteur von "Bild-Digital".

Er hatte "Focus Online" bereits in der Vergangenheit über Twitter vorgeworfen abzuschreiben. So nannte Reichelt "Focus-Online"-Chef Daniel Steil, einen ehemaligen "Bild"-Journalisten, Mitte 2015 einen "digitalen Hühnerdieb". Reichelt sprach nun von einem "Angriff auf unser paid content Modell". "Damit zerstört Focus Online unsere Branche", sagte der Springer-Manager zu Reuters. "Wenn sich die Stärksten nicht wehren, wehrt sich keiner."

Springer verlangt offiziell "Unterlassung, Auskunft und Schadensersatzfeststellung". "Focus Online" soll also mit seinem Vorgehen aufhören und etwa angeben, wie viel Gewinn sie über Werbeeinnahmen rund um die betroffenen Artikel gemacht haben. Zudem soll es Schadenersatz geben. Dies dürfte aber eher in einem zweiten Gerichtsprozess geklärt werden. Die Branche dürfte mit Spannung das Verfahren verfolgen. "Das ist juristisches Neuland", sagte Springer-Anwalt Felix Stang.

Nach seinen Worten handelt es sich eher um ein "wettbewerbliches und datenbankrechtliches Problem". "Wenn man den einzelnen Artikel betrachtet, wird da urheberrechtlich sauber vorgegangen", sagte Stang zu Reuters. "Es werden nicht Formulierungen, sondern Inhalte übernommen - und fast immer mit einem Verweis auf die Bild-Zeitung." Durch das systematische Vorgehen von "Focus Online" sei allerdings die "Grenze des Zulässigen überschritten".