Zu Beginn der Dreharbeiten von „Das Sacher. In bester Gesellschaft“ empfanden Sie die Figur der Anna Sacher als sehr cool. Und heute?
URSULA STRAUSS: Umso cooler. Sie war eine Ausnahmepersönlichkeit, unglaublich stark, konsequent, mutig und unbeirrt. Ich bewundere, wie sie sich zurücknahm und trotzdem Rückgrat und Haltung bewahrte. Außerdem war sie eine gute Gastgeberin.


Sind Sie das auch?
Ich koche gerne für viele Menschen. Und ich koche sehr gut. Der Unterschied ist nur: Anna Sacher hat wahnsinnig viel Geld damit verdient.


Ihre Mitarbeiter soll sie sehr gut behandelt haben.
Ihr Verhalten gegenüber den Mitarbeitern, für die sie – in der damaligen Zeit! – sogar eine Krankenversicherung einrichtete, zeugt von großer Menschlichkeit, Güte und Klarheit. Sie hat zu jener Zeit einen Geist gesät, der noch immer über dem Haus schwebt. Das habe ich heute wieder gemerkt.


Inwiefern?
So, wie Herr Johannes Reim, Oberkellner der Blauen Bar, seine Gäste bedient, ohne dabei Würde zu verlieren, zeugt von echter Größe. Im Sacher spürt man den Geist der Vergangenheit, aber er erschreckt einen nicht, sondern lädt zum Verweilen ein.


Glauben Sie, dass Anna Sacher eine glückliche Frau war?
Ich denke, sie hat sich genommen, was sie gebraucht hat. Nach dem Tod ihres Mannes Eduard soll sie nie mehr eine Beziehung gehabt haben. Inoffiziell wird über eine Affäre mit dem Rothschild-Verwalter Julius Schuster, gespielt von Bernhard Schir, gemunkelt.


Sie war so mutig, sich auch mit dem mächtigen Bürgermeister Lueger anzulegen. Würden Sie derlei auch tun?
Jein. Ich gebe jenem Politiker meine Stimme, an den ich glaube, und lasse mich vor keinen parteipolitischen Karren spannen. Politik hat sehr viel mit Haltung den anderen gegenüber zu tun. Aber es gibt nicht mehr den Schutz, den man braucht, um sich höflich zu benehmen, respektvoll miteinander umzugehen. Es waren Umbruchzeiten, in denen Anna Sacher lebte, und die haben wir auch heute wieder. Nur wurde damals nicht so schnell geschossen. Entscheidungen konnten langsamer getroffen werden. Heute gibt es leider keine Zügel mehr, wenn es darum geht, Hass, Unmut und Unzufriedenheit rauszulassen.


War Sacher in Ihren Augen eine Emanze, eine Feministin?
Weder noch. Sie war Vordenkerin und Visionärin, eine unfassbar starke Frau, die es mit eisernem Willen schaffte, sich nach dem Tod ihres Mannes als Frau eine Hotelkonzession zu erkämpfen. Sie war auch Monarchistin und hat sich für ihre Mitarbeiter trotzdem sozial engagiert.