Erst vor wenigen Tagen rollte der erste Zug durch den neuen Gotthardtunnel in der Schweiz, mit viel Trara, aber nicht ganz pannenfrei. Derlei "Störfälle" soll es bei einem der spektakuläresten Fernsehproduktionen dieses Jahres besser nicht geben. Der TV-Zweiteiler "Gotthard", eine Koproduktion von ORF, ZDF und SRF, gilt als "Projekt mit vielen Superlativen", das natürlich auch ein Millionenpublikum vor die TV-Geräte locken soll. Heute und am 21. Dezember sind die Filme um 20.15 Uhr auf ORF 2 zu sehen.

"Geschichte von unten"

Der Bau des mehr als 15 Kilometer langen Gotthardtunnels in der Schweiz begann im Jahr 1872. Es war eines der gigantischsten Bauprojekte der Welt. Und es ist einer der aufwendigsten Fernsehfilme in diesem Jahr, der auch die Geschichte "von unten" erzählen will.  Er zeigt den Kontrast zwischen den bitterarmen Arbeitern und den millionenschweren Investoren aus ganz Europa.

Teil 2 von "Gotthard" läuft am Mittwochabend
Teil 2 von "Gotthard" läuft am Mittwochabend © ORF

Während die einen den Tunnel unter menschenunwürdigen Bedingungen errichteten und dabei oft ihr Leben verloren, erwarben die anderen ein immenses Vermögen mit dem Projekt. Besonders die Arbeiter schufteten unter heute kaum noch vorstellbaren Arbeitsbedingungen. Für einen Tunnel von 15 Kilometern Länge unter dem Alpenmassiv mussten rund 2.500 Menschen ihr Leben lassen. Sie starben an Seuchen, bei einem Aufstand oder an Arbeitsunfällen. Aber die industrielle Großbaustelle veränderte das Leben der Menschen radikal. Nicht nur in den Schweizer Bergdörfern, sondern auch durch die besseren sozialen Bedingungen, die sich nach dem Tunnelbau immer mehr durchsetzten.

Miriam Stein und Maxim Mehmet
Miriam Stein und Maxim Mehmet © ORF

Davon erzählt "Gotthard" und schildert dabei vor allem die Schicksale der Schweizer Fuhrmannstochter Anna (Miriam Stein), des jungen begeisterten deutschen Ingenieurs Max (Maxim Mehmet) und des Anführers der italienischen Minenarbeiter Tommaso (Pasquale Aleardi). Einer der Höhepunkte des Films ist der Streik der Arbeiter für größere Sicherheit und höheren Lohn, bei dem sich auch die einstmals befreundeten Männer Max und Tommaso gegenüberstehen. Nachdem der Konflikt eskaliert, werden die Streikenden niedergeschossen. Eigens für den Dreh der Explosionen, Sprengungen, Wassereinbrüche und Einschläge wurde in der Nähe von Köln in einer 2.000 Quadratmeter großen Halle ein 100 Meter langes Stück der Tunnelbaustelle nachgebaut.

Tunnel-Kopie

Der Richtstollen war eine "Hightech-Maschine", wie Produzent Bastie Griese von der Firma MMC erklärt: "Es wurden unter anderem hydraulische Effekte verwendet, um beispielsweise eine Überflutung darzustellen." Dabei wurden Pumpen und Wassertanks mit bis zu 2000 Liter Volumen und Kompressoren verwendet. "Es ist ein Projekt mit vielen Superlativen", ergänzt der Produzent Lukas Hobi von Zodiac Pictures, der auch auf die anderen Sets des Gemeinschaftsprojekts von Schweizer Fernsehen (SRF), dem österreichischen ORF und des ZDF verweist. In der Nähe von Prag beispielsweise entstand in einem stillgelegten Steinbruch eine Kopie des Tunnelportals, 12 Meter hoch und 16 Meter breit. Die Nachbildung der Baustelle selbst umfasste ein Areal so groß wie zehn Fußballfelder.

Physische Grenzen

Mehr als einmal gelangte das Team während der Drehabreiten dabei an seine physischen Grenzen, wie sich Kameramann Lukas Strebel erinnert: "Im nachgebauten Tunnel, in dem wir zehn Tage drehten, haben wir wirklich anstrengende Szenen gehabt. Es gab Staub, man brauchte Masken. Überall waren die Kerzen und Öllampen an, was Rauch erzeugt hat und Sauerstoff verbrauchte. Drinnen im Tunnel war es sehr eng, was wir auch zeigen wollten."

Neben Mehmet, Stein und Aleardi sind weitere bekannte Darsteller zu sehen, unter anderem Marie Bäumer, Joachim Krol, Max Simonischek oder Roeland Wiesnekker. Regie führte Urs Egger, der für seine Arbeiten bereits vielfach ausgezeichnet wurde, beispielsweise mit dem Grimme-Preis und dem Deutschen Fernsehpreis.