Die Debatte über die ORF-Gebühren geht weiter. Die Neos wollen ihren angekündigten "Runden Tisch" dazu am 7. Dezember veranstalten. Der ORF selbst wiederum hat auf Facebook ein "Faktencheck"-Video lanciert, indem er "die grundlegenden Fragen" zum Programmentgelt beantworten will. Diskussionen gab es nach der Pressekonferenz des Verbands Österreichischer Privatsender (VÖP) zum Thema.

Die Neos laden zu ihrem "Runden Tisch" unter anderem SPÖ-Medienminister Thomas Drozda (SPÖ), ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz und die Mediensprecher und Klubobleute der Parlamentsparteien. Die Einladungen für den 7. Dezember sind nun verschickt worden, Zu- oder Absagen gebe es noch keine, sagte eine Sprecherin am Mittwoch auf APA-Anfrage. Die pinke Parlamentspartei sammelt derzeit Unterschriften für eine Reform des ORF und seines Finanzierungssystems. Bis Mittwochnachmittag hatten sich 88.946 Personen die Forderung "GIS abdrehen" unterstützt.

Der ORF und der VÖP hatten indes im Anschluss an das Pressegespräch der Privaten Unfreundlichkeiten ausgetauscht. Die Reaktion des ORF, der den VÖP unter anderem als "Lobbyingverband" deutscher TV-Konzerne bezeichnete, rief eine erneute Replik der Privatsender hervor. "Überraschend untergriffig und realitätsfern" habe der Öffentlich-Rechtliche reagiert, wunderte man sich. In Bezug auf die "gesamte Mitgliederbasis des VÖP" kämen deutschen Fenstersendern nur 10 Prozent der im VÖP vertretenen Stimmrechtsanteile zu.

Widerspruch kam dann aber auch aus eigenen Reihen: Marcin Kotlowski, Geschäftsführer des zur Wien-Holding der Stadt Wien gehörenden W24, erklärte am Mittwoch gegenüber etat.at: "Wir halten den Ton und die Art und Weise der Auseinandersetzung für nicht angebracht, deshalb unterstützen wir hier die Linie des VÖP nicht."

Der Disput von Dienstag

Die österreichischen Privatsender haben sich am Dienstag erneut und mit Nachdruck gegen eine Erhöhung der ORF-Gebühren ausgesprochen. Untermauert wurde dies mit jeder Menge Zahlenmaterial. Zentrale Botschaft des Verbands Österreichischer Privatsender: Der ORF brauche nicht mehr Gebühren, sondern sollte intelligent sparen - vor allem bei Programmrechten für Film- und Serienware sowie Sport.

Gebührensenkung sei möglich

"Wir streiten ab, dass es eine Finanzlücke gibt", so Markus Breitenecker, Geschäftsführer von ProSiebenSat.1-Puls 4. Er ortet "gehörige Einsparungspotenziale" im Rechtebereich. Der ORF kaufe im Fiction-Sektor "praktisch alle Rechte vom Markt", beim Sport sei es europaweit sehr unüblich, dass der Öffentlich-Rechtliche des Landes praktisch alle Premium-Events auf sich vereine. Man wolle dem ORF nicht verbieten, Hollywood-Produktionen oder hochkarätigen Sport zu zeigen - aber mit Augenmaß, so Breitenecker. Er ist der Meinung, dass sich für den ORF sogar eine Gebührensenkung locker ausginge, wenn er denn nur die richtigen Schwerpunkte setzte.

Der VÖP hat zudem die Programmkosten je nach Sparte geschätzt und festgestellt, dass diesen Berechnungen zufolge Sport-Programm am absolut Teuersten sei, "Information mit Abstand am Günstigsten", so Zuser. Kultur sei "teurer, aber immer noch günstiger als Unterhaltung". Fazit: Würde sich der ORF programmmäßig mehr Richtung Information und Kultur orientieren, könnte er praktisch automatisch sparen und außerdem noch sein Profil als öffentlich-rechtlicher Sender schärfen.

VÖP sei "Lobbyingverband" deutscher Konzerne

Der ORF zeigte sich wenig beeindruckt von den Ideen der Privatsender für seine Finanzen und weist deren Aussagen zurück. Im Gegenzug warf er in seiner Reaktion dem Verband Österreichischer Privatsender (VÖP) vor, als "Lobbyingverband" der deutschen Konzerne in Österreich aufzutreten und in dieser Rolle den ORF "marginalisieren" zu wollen.

Zuständig für Finanzierung und Kontrolle des ORF seien Stiftungsrat und KommAustria und mitnichten der VÖP, wurde am Dienstag in einer Aussendung festgehalten. "Ferndiagnosen zu den ORF-Finanzen von unzuständigen und selbst ernannten Experten" weist der ORF zurück, zumal diese "auf Basis mangelhafter Unterlagen" erstellt worden seien und "jeglicher faktischer Grundlage" entbehrten.

Der VÖP habe vielmehr ein "Lobbying-Papier der größten TV-Konzerne Europas" vorgelegt. Schließlich gehörten fünf von sechs TV-Mitgliedern des Verbands deutschen bzw. internationalen Medienkonzernen an. Die "größten TV-Konzerne Europas" wollten "die Kolonialisierung des österreichischen Medienmarkts weiter vorantreiben".

Inhaltlich betonte der ORF, dass "selbstverständlich kein Gebührengeld für den Erwerb ausländischer Produktionen" ausgegeben werde. "Die Gebührenmittel verwendet der ORF ausschließlich entsprechend seines Auftrags für österreichische Information und Kultur, heimischen Sport, österreichische Unterhaltung und seine Regionalprogramme, was der VÖP ja implizit bestätigt."

Für ORF spreche hohe Publikumsakzeptanz 

Was die Publikumsakzeptanz betreffe, würden Marktanteile und Reichweiten zeigen, dass die ORF-Angebote die beliebtesten Programme des seien. "98 Prozent des Publikums nutzen jede Woche ORF-Angebote. Im Fernsehen erreicht der ORF täglich 3,6 Millionen Österreicher, im Radio 4,7 Millionen und eine Million nutzt den ORF täglich online." Der ORF habe auch "nie behauptet, dass es eine 'Finanzierungslücke' gebe". Zu prüfen sei "allenfalls von den zuständigen Instanzen" eine teilweise Valorisierung der Programmentgelte. Und das müsse per Gesetz eben alle fünf Jahre passieren.