Herr Forcher, seit 30 Jahren führen Sie das Publikum zu Österreichs schönsten Plätzen. Entschleunigt und fröhlich. Wie geht es Ihnen mit der Welt um unsere Heimat herum, in der es in den letzten Wochen so blutig zugeht?
SEPP FORCHER: Mein Gott, wissen Sie, wenn man so ein hohes Alter erreicht, dann relativiert sich sehr vieles und dazu gehören auch Angstzustände und Ähnliches. Wir leben so wie immer und halten das Negative fern. Wie Goethe sagt: "Man steht am Fenster, trinkt sein Gläschen aus und sieht den Fluss hinab die bunten Schiffe gleiten; dann kehrt man abends froh nach Haus, und segnet Fried und Friedenszeiten."

Haben Sie noch Angst?
FORCHER: Nein, stellen Sie sich vor, wenn man so lange Hüttenwirt war, wo immer die Haustür offen war und jeder zu Tages- und Nachtzeit hereinkommen kann. Hätte ich Angst gehabt, wäre ich schon im ersten Jahr gestorben.

Dass "Klingendes Österreich" 30 Jahre läuft, haben Sie wohl nicht erwartet, oder?
FORCHER: Nein, aber ich habe auch nicht damit gerechnet, dass ich so alt werde.

Wie kommt es, dass beides eingetreten ist?
FORCHER: Wenn man es nicht anstrebt. Im Leben ergibt sich so vieles.

Was haben Sie dazu beigetragen, dass es die Sendung seit 1986 gibt?
FORCHER: Dass sie mir von Jahr zu Jahr mehr ans Herz gewachsen ist. Aber vor allem die Menschen, die mit mir an der Sendung arbeiten. Daraus hat sich so eine Art familiäres Bild ergeben und daraus wächst natürlich für den Chef der Familie, und das bin immerhin ich, eine gewisse Verantwortung und auch eine große Freude, wenn alles gut geht.

Sepp Forcher in der ersten Folge von "Klingendes Österreich" 1986
Sepp Forcher in der ersten Folge von "Klingendes Österreich" 1986 © ORF

Redet Ihnen nie jemand drein, „Klingendes Österreich“ etwa moderner zu machen?
FORCHER: Das hätte ich niemandem geraten. Wenn man ein Leben in Selbstständigkeit gewöhnt ist, dann lässt man sich nicht mehr viel in die Suppe spucken.

Würden Sie Ihren Rückzug vom Bildschirm gerne selbst bestimmen oder möchten Sie solange es nur irgendwie möglich ist vor der Kamera stehen?
FORCHER: Hin und wieder denke ich schon ans Aufhören, aber das ist für einen Familienvater eben nicht so leicht. Ich bin ja nicht für mich alleine verantwortlich, sondern für alle, die mit Begeisterung mitarbeiten und für die unsere Sendung eine starke Motivation. Solange ich aus der Familie, vom Publikum und aus der ORF-Chefetage so ein gutes Echo habe und es mir Freude macht, sehe ich keinen Grund, aufzuhören.

Kaum verändert: Sepp Forcher im Jahr 1988
Kaum verändert: Sepp Forcher im Jahr 1988 © ORF

Die Sendung ist seit 30 Jahren weitestgehend unverändert. Warum glauben Sie, nützt sie sich nicht ab?
FORCHER: Ich will nicht sagen, dass es am Konservatismus der Sendung liegt, sondern am Umstand, dass sie immer die gleichen Werte vertritt und das sind ewige Werte: die Schönheit unserer Landschaft, die Qualität unserer Kultur und – von mir aus gesehen – diese Liebe zu unserem Land. Ich mag dieses Österreich halt einfach.

Und das als geborener Römer.
FORCHER: Ach, wo man auf die Welt kommt, ist doch wurscht. Ich bin ein Südtiroler aus dem Pustertal, die Mutter aus Bruneck, der Vater aus Sexten – tirolerischer gehts nicht mehr. Auch wenn ich seit 1940 in Salzburg lebe.

In der neuen Folge trifft "Klingendes Österreich" in Hall auf "Mei liabste Weis"
In der neuen Folge trifft "Klingendes Österreich" in Hall auf "Mei liabste Weis" © ORF

Sie sprechen in Ihren Sendungen weiterhin frei, die Moderationstexte sind nie aufgeschrieben. Wie halten Sie sich eigentlich geistig und körperlich fit, denn Sie wirken zumindest so?
FORCHER: Ich bin ein lebensbejahender Mensch. Ich esse gerne gut, aber es ist mir nicht wichtig, dass es raffiniert ist. Auf der Alm in Kärnten esse ich zum Beispiel leidenschaftlich gerne Frigga, nur muss ich halt einen Schnaps dazu trinken. Zum Essen trinke ich immer ein Glaserl Wein, beim Autofahren trinke ich null, aber wenn ich am Abend heimkomme, wird ein Flascherl aufgemacht, die Helli trinkt ein Glas mit und den Rest trinke ich.

Herr Forcher, Sie reden und erzählen gerne. Wie ist das zu Hause mit Ihrer Frau Helli – wer von Ihnen beiden spricht mehr?
FORCHER: Zu Hause wird nicht viel geredet, wir lesen. Ich bin auch kein Vielredner, sondern spreche nur, wenn es gefragt ist.

Seit 60 Jahren sind Sie und Helli verheiratet. Was braucht es für so eine lange Ehe?
FORCHER: Am Anfang muss man sich zusammenstreiten und man muss lernen, dass man nicht alleine auf der Welt ist. Auch wenn gestritten wird, so versöhnt man sich wieder. Die Fähigkeit, sich versöhnen zu können, ist, glaube ich, das Entscheidendste überhaupt im Leben. Unsere heutige Welt ist aber nicht auf Versöhnen aufgebaut. So sehr sich auch alle nationalen und internationalen Organisationen seit ewigen Zeiten bemühen – es hilft nichts.

In einem TV-Porträt über sich am 30. Juli sagten Sie, dass Sie in Österreich keinen Lieblingsort hätten, weil Sie sich in der Heimat überall wohlfühlen. Wo ist es für Sie im Ausland am schönsten?
FORCHER: Im Aostatal, wo ich auch alle Viertausender von den jeweiligen Tälern aus bestiegen habe. Das war so eine Marotte von mir.