Seit der Wiedereröffnung des umgebauten ehemaligen Völkerkundemuseum als Weltmuseum Wien am 25. Oktober liege man mit der Besucherzahl "um einiges über den Erwartungen", auch die Besucherresonanz sei sehr positiv, meinte Schicklgruber heute im Gespräch mit Journalisten. Erfreulich sei, dass das in der ersten Sonderschau gewagte Experiment mit deutlich längeren Besuchertexten als üblich gut angenommen werde ("Sie werden wirklich gelesen!"), weniger erfreulich, dass im technischen Bereich einige Nachbesserungen nötig gewesen seien. "Wir haben dazu eine eigene Arbeitsgruppe ins Leben gerufen - KING: keep it neatly going."

Auch die Resonanz von Presse und Fachpublikum sei sehr gut, versicherte der neue Direktor, der mit Jahresbeginn auf Steven Engelsman gefolgt ist. "In der deutschen Presse sind wir sehr gut besprochen worden - bis hin zu Anregungen, dass sich das Humboldt-Forum in Berlin ein Beispiel an uns nehmen sollte. Wir haben auch schon drei bis vier Delegationen von dort bei uns begrüßen können." Besonders der offene Umgang mit den Provenienzen der Objekte und dem gegen Ethnologiemuseen latenten Kolonialismus-Vorwurf habe viele überzeugt. Bei zwei kommenden internationalen Kongressen werde er die versammelten Direktoren bitten, zunächst zwei Stunden alleine im Weltmuseum zu verbringen und am Ende ihre Eindrücke einzubringen. "Das es schön geworden ist, wissen wir selbst, erst die 'aber' machen es spannend, von denen wollen wir lernen."

Er sei nun 25 Jahre am Haus, erzählte der gebürtige Oberösterreicher, der in wenigen Tagen seinen 57. Geburtstag feiert und an der Universität Wien Sozialanthropologie und Tibetologie studiert hat. Da habe er so manchen Direktor erlebt und sich mitunter gedacht: "Das würde ich anders machen." Diese Gelegenheit hat er nun für vorerst drei Jahre. Um den 2019 antretenden künftigen KHM-Generaldirektor Eike Schmidt nicht zu präjudizieren, wurde ihm nicht wie üblich ein Fünf-Jahres-Vertrag gegeben. "Diese drei Jahre möchte ich nützen, um das Haus lebendig zu erhalten." Viele Veranstaltungen und Kooperationen sollen sicherstellen, "dass hier etwas passiert, was nur hier passiert". Denn sicher sei: "Eine Schausammlung alleine macht ein Museum noch nicht aus." Und sicher ist noch etwas: Seit er nicht mehr Vizedirektor sondern Direktor ist, haben sich die Termine in seinem Kalender verfünffacht.

Wenn Christian Schicklgruber die Konzeption des von ihm als Kurator der Süd- und Südostasien- sowie Himalaya Sammlung gestalteten Saales "Ein Dorf in den Bergen" erläutert, wo er das Leben der Bewohner eines buddhistischen Dorfes im Himalaya anhand seiner während eines zweijährigen Aufenthaltes vor Ort gewonnenen Erfahrungen anschaulich macht, spürt man, wie sehr der drahtige Wissenschafter für seine Sache brennt. Die inhaltliche Konzeption von "Out of the Box", bei der Angehörige von "Source Communities" ihre persönlichen Geschichten zu ausgewählten Sammlungsobjekten erzählen und damit die "Deutungshoheit" thematisieren, ist ihm spürbar ein Anliegen. In den drei großen Erdgeschoß-Räumen mit rasch befüllbaren Vitrinen sollen künftig kleinere Sonderausstellungen ebenso Platz finden wie Schaudepots. Jährlich mindestens eine große Sonderausstellung in den dafür vorgesehenen 1.300 Quadratmeter großen anderen Erdgeschoß-Räumen bringen zu können, ist ihm ein großes Anliegen. Er hofft auf budgetären Spielraum dafür.

Die Hoffnung auf die ursprünglich für den "Korridor des Staunens" vorgesehenen, nun dem "Haus der Geschichte" (HGÖ) zugeschlagenen Räumen im Obergeschoß hat Schicklgruber noch nicht ganz aufgegeben. Im KHM-Museumsverbund (zu dem das Weltmuseum gehört) hat man jedoch andere Pläne. Mittel- oder langfristig hofft man, dort das 'Heroon von Trysa' (ein großes lykisches Fries aus dem Bestand des Ephesos Museums, Anm.) zeigen zu können - vorausgesetzt, das HGÖ zieht auch wirklich wieder aus. Im Hintergrund wird zwischen KHM und Österreichischer Nationalbibliothek (zu deren Verband das HGÖ zählt) noch heftig über den Mietvertrag gestritten. Schicklgruber wird da kein gewichtiges Wort mitreden können. Er spricht lieber über mögliche Kooperationen mit dem HGÖ ("Wir sind unter einem Dach. Es sollte kein Konkurrenzdenken herrschen."), etwa über den Nahen Osten. Und er hat viele weitere Pläne. Fotografie und Literatur möchte der bekennende Literatur-Afficionado, der sich von James Joyce, Orhan Pamuk oder Peter Handke Anregungen holt, stärker einbinden. Und Ausstellungen über die moderne Seidenstraße oder über den Schönheitsbegriff würde er gerne machen. "In zehn Jahren gehe ich in Pension. Mal sehen, was sich bis dahin noch verwirklichen lässt."

(S E R V I C E - )